Abstract
In diesem Beitrag wird dem Recht auf Hospitalität eine vermittelnde Funktion zwischen idealistischer und realistischer Utopie zugeschrieben. Kants Besuchsrecht stellt demnach ein Provisorium dar, das die Möglichkeit eines ewigen Friedens in Form einer weiterführenden kosmopolitischen Rechtsordnung anbahnen soll. Diese Lesart impliziert einen Vorschlag, wie sich die Vorzüge von moralischem und politischem Konstruktivismus miteinander verbinden und ihre Nachteile überwinden ließen. Denn die einen entwickeln ein moralisch konsequentes, realpolitisch aber utopisch bleibendes weltrepublikanisches Ordnungsmodell; die anderen konstruieren ein politisch anschlussfähiges Ideal, ohne aber ihre Konzessionen an politische Fakten noch einmal hinreichend rechtfertigen zu können. Mein daran angelehnter Vorschlag lautet, dass insbesondere John Rawls’ realistische Utopie eines Völkerrechtsbundes nach dem Modell von Kants transitorischer Weltbürgerrechtskonzeption als Ermöglichungsbedingung einer stärkeren kosmopolitischen Vision verteidigt werden könnte - und dass eine solche Rechtfertigung aus dem utopischen Denken heraus substantielle Änderungen in Ansätzen globaler Gerechtigkeit erfordert.