Autonomes Fahren: Lidar kann Smartphone-Kameras schwer beschädigen

Auf Autos montierte Lidars können Sensoren von Kameras zerstören. Das Phänomen gilt als technologisches Äquivalent dazu, direkt in die Sonne zu starren.

vorlesen Druckansicht 352 Kommentare lesen
SUV

Ein Volvo EX90

(Bild: heise online / pbe)

Update
Lesezeit: 3 Min.
close notice

This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Hochgradig automatisierte oder sich autonom fortbewegende Fahrzeuge sind zunehmend nicht nur mit Radar- und Kameratechnologie ausgestattet, sondern auch mit Lidar. Dieses "Light Detection and Ranging" beruht auf dem grundlegenden Prinzip der Laufzeitmessung von Licht. Im Kern funktioniert Lidar ähnlich wie Radar mit Radiowellen oder Sonar, nutzt aber stattdessen Laserlicht, was etwa eine präzise 3D-Umfelderfassung unabhängig von den Lichtverhältnissen erlauben soll. Die Technologie hat aber auch bislang wenig beachtete Nebenfolgen: Ein Reddit-Nutzer fand Anfang des Monats heraus, dass am Auto montierte Lidar-Sensoren unter bestimmten Umständen Smartphone-Kameras massiv beschädigen können.

Bei dem Phänomen handelt es sich demnach um das technologische Äquivalent dazu, mit dem menschlichen Auge direkt in die Sonne zu starren.Der Sensor der Handy-Kamera ging kaputt, weil letztere auf Nahaufnahmen eingestellt und direkt auf den Lidar-Sensor gerichtet war. Der besagte Reddit-User postete von dem Geschehen Aufnahmen mit seinem iPhone 16 Pro Max am Beispiel eines brandneuen Volvo EX90.

Die Lidar-Vorrichtung auf dem Dach des elektrischen SUV sendet demnach im Wesentlichen eine Reihe leistungsstarker Infrarotstrahlen aus und ermittelt die Entfernung zur Fahrzeugumgebung. Dazu misst sie die Zeit, die das reflektierte Licht benötigt, um zum Sensor zurückzukehren. Wenn Vorbeigehende die Kamera ihres Mobiltelefons direkt auf diese Strahlen richten, kann es vorkommen, dass der Laser die Pixel auf einem der Bildsensoren des Handys quasi frittiert. Der Schaden war sofort sichtbar und hinterließ eine zwischen Rot, Rosa und Violett changierende Farbkonstellation. Betroffen war nur das Teleobjektiv, da das Bild nach dem Herauszoomen auf ein anderes Objektiv wieder normal angezeigt wurde.

Volvo warnt Fahrzeugbesitzer vor einer Nachahmung. Der schwedische Autobauer sprach gegenüber dem Magazin die generelle Empfehlung aus, "eine Kamera nicht direkt auf einen Lidar-Sensor zu richten". Das davon ausgestrahlte Laserlicht könne den Sensor der Kamera möglicherweise beschädigen oder seine Leistung beeinträchtigen. Volvo weist darauf hin, dass Kameras am anfälligsten sind, wenn sie nah am Objekt sind und direkt auf den Lidar-Sensor gerichtet sind.

Das Risiko liegt laut The Drive generell an der Technologie und hat nichts mit der spezifischen Implementierung von Volvo im EX90 zu tun. Der Autohersteller habe aber schon Anfang des Jahres aus den genannten Gründen auf einer Support-Seite gewarnt, externe Kameras auf die Lidar-Kapsel des Fahrzeugs zu fokussieren. Da Autos mit Lidar-Fahrzeugen künftig öfter auf den Straßen unterwegs sein dürften, sollte diese Gefahr aber nicht nur den Käufern solcher Autos bewusst sein. Auch Tesla könnte die Technologie künftig aufgrund des Drängens von Regulierern stärker einsetzen, obwohl Firmenchef Elon Musk Lidar-Sensoren lange als "teuer und unnötig" abtat.

Update

Laut einer Untersuchung chinesischer Forscher betreffen die Ausfälle von CMOS-Bildsensoren Lidar-Geräte, die mit einem 1550-nm-Laser arbeiten. Die zu starken Laser "verbrennen" demnach die Pixel auf den Chips, begünstigt durch die Wellenlänge. Für Lidarsysteme auf Basis von 905-nm-Lasern sind derartige Probleme bislang nicht dokumentiert. BMW etwa nutzt ein entsprechendes Innoviz-Lidar, Mercedes-Benz Valeo-Lidar. Geräte, die 1550-nm-Laser verwenden, sind vor allem aus China bekannt. International setzt etwa die Firma Luminar darauf, deren Technik unter anderem Volvo und Polestar nutzen.

(nen)