Elektroauto Citroën ë-C3 Aircross im ersten Fahrbericht: Günstig, aber auch gut?
Mit einem aggressiv eingepreisten SUV will Stellantis der E-Mobilität zum Erfolg verhelfen. Dafür muss der Interessent ein paar Einschränkungen hinnehmen.
(Bild: Citroën)
- Wolfgang Gomoll
- Martin Franz
Die Idee, mit technisch identischen, in der Gestaltung aber unterschiedlichen Modellen einen erweiterten Kundenkreis anzusprechen, ist keine Erfindung von Stellantis. Beispiele gibt es in der langen Geschichte des Automobils zahlreiche. Auch mit seinen Marken Citroën und Opel hat Stellantis das in der Vergangenheit schon so gehandhabt. Mit zwei rund 4,4 m langen SUVs, die vergleichsweise aggressiv eingepreist sind, startet nun ein neuer Anlauf. Wir konnten mit dem Citroën ë-C3 Aircross, der sich die technische Basis mit dem Opel Frontera teilt, bereits eine Probefahrt machen. Dabei zeigen sich kleine Unterschiede im Detail.
Karge Basis
Auf den ersten Blick ist die Abgrenzung bei den Preisen erstaunlich groß. Zwischen den Basismodellen liegen immerhin 2500 Euro. Allerdings ist der Citroën ë-C3 Aircross dafür in der Grundausstattung auch noch etwas ärmlicher ausgestattet. Halogen- statt LED-Scheinwerfer werfen die Frage auf, ob das in der Herstellung wirklich billiger ist. Eine Vorheizung des Innenraums über eine App ist im Citroën erst in der teuersten Ausstattungslinie "Max" möglich. Zudem lässt sich im Opel die Basisausstattung mit zwei Paketen aufwerten, im günstigsten ë-C3 Aircross nicht.
Gut überlegen sollte sich der Käufer, ob er sich auf die Idee einlässt, die komplette Infotainment-Funktionalität auf das Smartphone auszulagern. In beiden Basismodellen gibt es statt eines eigenen Displays für die Unterhaltungselektronik nur einen Handyhalter, die Verbindung zum Auto läuft ausschließlich via Bluetooth. Für die Stromversorgung muss man sich dann noch ein passendes Kabel besorgen. In beiden Fällen schaut diese Minimalversorgung derart trist aus, dass wohl nur eine Minderheit sich das in einem Neuwagen anschauen wollen wird.
Gutes Platzangebot
Unterm Strich dürfte der ë-C3 Aircross meistens etwas billiger sein als der Frontera Electric, und das ist in der Zielgruppe, die Stellantis im Visier hat, sicher ein gewichtiges Argument. Denn nüchtern betrachtet eint die beiden SUVs mehr als sie trennt. Auf 4,4 m Länge bringen sie ein ordentliches Platzangebot unter, obwohl die Entwickler den Kompromiss machen mussten, auf einer Plattform auch Raum für einen Verbrenner samt seiner Anhängsel zu schaffen. Mit einem Kofferraumvolumen von 460 bis 1600 Litern stellt er für diese Fahrzeuggröße zwar keine neuen Bestwerte auf, wird aber die meisten Ansprüche wohl befriedigen.
Ab der mittleren von drei Ausstattungslinien verbaut Citroën "Advanced Comfort Sitze", die 1,5 cm dicker gepolstert sind. Sie sind etwas weicher als die Sessel im Opel, allerdings nicht zwingend nochmals bequemer. Unterschiede zeigen sich auch bei der Auslegung der Stoßdämpfer. Im Citroën sprechen sie etwas weicher an, filtern also Unebenheiten ein wenig umfangreicher. Der Frontera ist da verbindlicher und neigt sich in flott gefahrenen Kurven weniger. Der Unterschied ist nicht riesig, aber fühlbar und sicher auch Geschmackssache. Das oben und unten abgeflachte Lenkrad nervt bisweilen beim Rangieren – in beiden Autos. Bei der Verarbeitung leistet sich das französische E-SUV keine Schwächen. Auch bei schlechten Straßenverhältnissen klappert und knarzt nichts. Die Materialauswahl ist erwartungsgemäß schlicht.
Citroën ë-C3 Aircross (12 Bilder)
Citroën
)Dass bei einem Leergewicht von wenigstens rund 1,6 Tonnen der Schub eines 83-kW-Motors für heute Verhältnisse eher verhalten ausfällt, dürfte kaum jemanden überraschen. Mit den Werksangaben von 12,9 Sekunden für den Standardsprint und 132 km/h lässt sich nicht prahlen. Doch im Alltag gefällt der Antrieb mit seinem spontanen Ansprechverhalten und seiner Geräuscharmut. Er ist fraglos die komfortabelste Möglichkeit, dieses SUV zu motorisieren. Die beiden Dreizylinder mit 74 und 100 kW fallen hinsichtlich der Umgangsformen deutlich zurück.
Batterie und Laden
Alles rund um die Speicherbestückung ist identisch ausgelegt, bis hin zum Mehrpreis für den dreiphasigen AC-Lader, der bis zu 11 kW Ladeleistung erlaubt. Serienmäßig ist ein einphasiger 7,4-kW-Lader. An der DC-Säulen kann mit bis zu 100 kW geladen werden. Unter idealen Bedingungen soll die Aufladung von 20 auf 80 Prozent 26 Minuten dauern. Die Rückrechnung dieser Werte ergibt, dass der ë-C3 Aircross für die Aufladung von 26 kWh (das entspricht rund 60 Prozent) auf eine durchschnittliche Netto-Ladeleistung von 61 kW kommt. Hinzugerechnet werden müssen noch die Ladeverluste.
Für die Langstrecke ist dieses SUV also eher keine Idealbesetzung, doch die spielt in vielen Fahrprofilen nur eine untergeordnete Rolle – in manchen auch gar keine. Stellantis integriert in dieser Plattform keine gezielte Vorkonditionierung der Batteriezellen, die eine maximale Ladeleistung bei Frost oder Hitze ermöglichen würde. Von den 100 kW Ladeleistung und 26 Minuten für die Ertüchtigung von 20 auf 80 Prozent müssen sich Interessenten also zumindest im Winter gedanklich verabschieden. Da hier die Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LFP) eingebaut ist, die sich bei Frost ohnehin mit der Leistungsaufnahme schwertut, hat die fehlende Vorkonditionierung gewissermaßen doppeltes Gewicht.
Verbrauch und Reichweite
Die maximale Reichweite im WLTP gibt Citroën mit 307 km an, den Verbrauch mit 18,1 bis 18,4 kWh. Anders als in Autos mit Verbrenner lassen sich diese Daten nicht mit einem Dreisatz in Bezug nehmen – warum, haben wir vor längerer Zeit einmal in diesem Artikel näher beleuchtet. Bei unserer ersten Ausfahrt lag der Verbrauch bei etwas mehr als 21 kWh/100 km. Noch in diesem Jahr sollen die SUVs zusätzlich auch mit größeren Batterien angeboten werden. Deren Energiegehalt dürfte bei wenigstens 55 bis 60 kWh liegen. Vielleicht tut sich dann auch endlich etwas bei der maximalen Ladeleistung. In diesem Punkt hat der Konzern bei einigen Modellen einen Nachholbedarf. Autos wie der Peugeot e-308 oder der gerade überarbeitete Opel Mokka sind mit maximal 100 kW Ladeleistung und fehlender Vorkonditionierung im Vergleich nicht gut aufgestellt.
Fazit
Stellantis drängt mit Macht darauf, die Elektromobilität in der Breite auf dem Markt zu etablieren. Für unter 30.000 Euro bekommen Kunden ein familientaugliches SUV mit batterieelektrischem Antrieb und ordentlicher Ausstattung. Interessenten sollten sich darüber im Klaren sein, was sie dafür geboten kriegen. Um bei dieser Preisgestaltung Gewinne zu machen, musste der Konzern vieles weglassen. Die Einrichtung ist schlicht, wenngleich ordentlich verarbeitet. Mögliche Optionen sind knapp gehalten, konzipiert wurde hier unmissverständlich ein Auto für Pragmatiker.
Motor und Batterie sind auf kurze bis mittlere Distanzen hin optimiert, und daraus besteht der Fahralltag in den meisten Fällen. Langstrecken werden in diesem Auto zäh, denn die reale Reichweite und die Ladeleistung bleiben bescheiden. Eine LFP-Batterie ohne Vorkonditionierung hat zudem das Zeug, gerade im Winter viele Erst-E-Autofahrer zu enttäuschen. Das alles gehört mit in eine ehrliche Kalkulation. Wer mit diesen Einschränkungen leben kann, bekommt ein komfortables und angenehm motorisiertes E-SUV mit gutem Platzangebot, das viele vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor schon beim Kaufpreis unterbietet, in den Unterhaltskosten insgesamt ohnehin. Vermutlich hat Stellantis gute Karten auf einem E-Auto-Markt, der unter 30.000 Euro derzeit vor allem aus Kleinwagen besteht.
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(mfz)