Elektroauto: Erste FahreindrĂĽcke aus einem Vorserien-BMW iX3 50 xDrive

Eine Fahrt in einem Vorserienmodell des BMW iX3 50 xDrive zeigt, dass BMW hinsichtlich Fahrdynamik, Komfort und Bedienung hohe AnsprĂĽche erfĂĽllt.

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BMW iX3 50 xDrive

(Bild: BMW)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

Das umfassende Entwicklungsprojekt mit dem Arbeitstitel "Neue Klasse" ist wegweisend fĂĽr BMWs Zukunft. Eine erste Fahrt in einem Vorserienmodell des BMW iX3 50 xDrive gibt Aufschluss, ob der Optimismus des Herstellers gerechtfertigt ist.

Laut getrommelt hat BMW im Vorfeld ja genug, auf die Studien des E-SUVs iX3 und der Limousine i3 folgte die Vorstellung des neuen Panoramic-Vision-Infotainments auf der CES.

Der neue Entwicklungsvorstand Joachim Post erklärt die neue Architektur zu einem Jahrhundertprojekt. Eine starke Ansage. Beschäftigt man sich mit den Details der neuen Plattform, wird klar, dass dieses Unterfangen zumindest wegweisend für BMW ist. Bis Ende 2027 sollen mehr als 40 Modelle, sei es in Form einer Modellpflege oder einer Neuauflage, vom Technikarsenal der Neuen Klasse profitieren. Den Anfang macht kommendes Jahr das SUV-Modell BMW iX3. Für BMW gibt es bei den kommenden Kompakten und Mittelklasse-Modellen keine Alternative zu den Elektroauto-Plattformen, während Mercedes mit seiner MMA-Architektur den vorhandenen Bauraum des E-Antriebsstrangs nutzt, um bei Bedarf einen Vierzylinder-Verbrennungsmotor einzusetzen.

BMW iX3 Neue Klasse Exterieur (10 Bilder)

Dass BMW seine Plattform mit einer SUV-HĂĽtte auf den Markt schickt, scheint folgerichtig bei der anhaltenden Begeisterung der Massen fĂĽr diese Gattung. (Bild:

BMW

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Wir sitzen in einem Prototyp des BMW iX3 50 xDrive mit einem EESM-Motor an der Hinterachse, ergänzt durch einen ASM-E-Motor (Drehstrom-Asynchron-Maschine) vorn. Über die genaue Leistung schweigen sich die Techniker noch aus. Allerdings ist bekannt, dass die (fremderregten) EESM-Maschinen zwischen 200 und 300 kW leisten und die ASM-Motoren mit Eigenerregung 120 bis 180 kW. An Kraft mangelt es dem Gefährt keinesfalls, das zeigt ein kurzer Druck auf das Fahrpedal.

Die Kombination aus ASM- und EESM-Maschine zeigt, dass beim iX3 in der Regel die Hinterachse das Kommando hat und die vorderen beiden Räder nur eingreifen, wenn es die Fahrsituation erfordert. Das entspricht der BMW-Antriebstradition und spart Strom. Um die Batteriekapazität macht BMW noch ein großes Geheimnis. Bei unserem iX3 zeigte der Bordcomputer bei einem Ladestand von 84 Prozent eine Reichweite von 610 Kilometern an. Beim Laden wurden 400 kW erreicht.

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Der von uns bewegte Prototyp hat ein klassisches Stahlfeder-Fahrwerk ohne adaptive Dämpfung. Wer die Basisabstimmung gut hinbekommt, kann sich danach auf das Verfeinern konzentrieren, statt Schwächen zu kaschieren. Beim BMW iX3 ist Ersteres der Fall. Das Fahrwerk vermittelt den Zustand der Fahrbahn eindeutig, ist sportlich und dabei komfortabel. Das nervige Nachwippen bei langen Wellen ist fast komplett eliminiert und auch viele aufeinanderfolgende Querfugen steckt das Crossover-Modell gut weg. Dazu kommt eine Lenkung, bei der BMW endlich wieder zu sich selbst gefunden hat. Das Lenkgefühl ist intuitiv und man spürt stets, wie es um die Traktion der Vorderräder bestimmt ist. Auch im Sport-Fahrmodus sind die Rückstellkräfte zwar größer, aber bei weitem nicht derart ausgeprägt, wie man es bei anderen BMWs schon erlebt hat.

Der BMW iX3 lässt sich entspannt schnell bewegen. Sauschnell sogar. Was die Fahrdynamik angeht, haben die Münchner nicht zu viel versprochen. BMW hat mit dem sogenannten "Heart of Joy" ein zentrales Steuergerät für die Fahrdynamik, das mit einer um den Faktor zehn höheren Geschwindigkeit als bisher agieren kann. Es verarbeitet Eingangssignale wie die Radgeschwindigkeit und den Lenkradwinkel und berechnet daraus die entsprechenden Dynamikbefehle wie für Bremseingriffe an einzelnen Rädern oder die Kraftverteilung zwischen den Achsen. Software und das System sind von BMW entwickelt und bleiben auch dort.

BMW iX3 Neue Klasse Interieur (3 Bilder)

Während der Probefahrt auf abgesperrter Strecke war vom Interieur nur sichtbar, was zur Bedienung nötig war. (Bild:

BMW

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"Bislang konnten Zulieferer das Know-how an Konkurrenten weiterverkaufen. Das ist vorbei", erklärt der Leiter des Bereichs Fahrerlebnis Mihiar Ayoubi die neue Strategie, die auch chinesische Autobauer verfolgen. In der Neuen Klasse befinden sich vier solcher Hochleistungs-Computer. Jeder ist für einen bestimmten Bereich verantwortlich: Infotainment, Klimatisierung, automatisiertes Fahren und eben Fahrdynamik.

BMW bietet drei Rekuperationsstufen plus das One-Pedal-Fahren an, indem man den Automatikwählhebel auf "B" stellt. Segeln ist aktuell nicht möglich. Auch beim Verzögern überzeugt die Neue Klasse. Obwohl die meiste Zeit nur die Motorbremse genutzt wird, ist das Gefühl im Pedal natürlich und die Bremsleistung gut dosierbar. Der Übergang vom rekuperativen zum Reibungsbremsen ist nicht zu bemerken.

Vor allem in der Stadt soll der Autopilot den Fahrer entlasten. Natürlich hält die Neue Klasse bei einem Fußgänger auf der Straße selbsttätig an, fährt aber auch an einem Auto vorbei, das zum Teil auf dem Bürgersteig parkt. Solange die Fahrbahn breit genug ist und man keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert. Das geht flüssig, aber bisweilen auch ziemlich knapp. Auch das Einparken bei engen Parklücken übernimmt der BMW. Um einen Spurwechsel auf der Autobahn einzuleiten, genügt das Setzen des Blinkers, eine leichte Bewegung des Lenkrads oder ein Blick in die Außenspiegel. Die Kamera hat den Fahrer im Blick. Sogar E-Mails lassen sich bei Tempo 130 verfassen, ohne Hände am Lenkrad, solange man in regelmäßigen Abständen auf die Fahrbahn schaut.

Beim Infotainment-System Panoramic iDrive mit Head-up-Display und Augmented Reality verabschiedet sich BMW vom Drehdrücksteller. "Die Kundendaten zeigen, dass zunehmend die Sprachbedienung genutzt wird", erklärt UX/UI-Entwicklungsleiter Jörn Freyer. Das Konzept "Augen auf der Straße und Hände am Lenkrad" funktioniert aber auch mit den Bedieninseln am Volant. Die Knöpfe geben ein haptisches Feedback, und wenn es um Fahrassistenten geht, sind nur die relevanten Bedienfelder aktiv. Das schmale Anzeigeband unterhalb der Windschutzscheibe stört nicht und man kann die sogenannten Widgets nach eigenem Gusto konfigurieren. Lediglich die Geschwindigkeit und der Ladestand der Batterie bleiben stets im direkten Fahrersichtfeld.

(fpi)