Franz Lennartz

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Franz Lennartz (* 20. März 1910 in Rheydt, Rheinland; † 16. Januar 2003 in Salem, Baden-Württemberg) war ein Schriftsteller, Publizist, Lexikograph , „NS-Literaturwissenschaftler“ und Sammler.[1]

Leben und Werk

Franz Lennartz wurde als Sohn eines Kaufmanns im rheinländischen Rheydt geboren und wuchs dort als jüngstes von fünf Kindern auf. Nach dem Abitur (1929) studierte er unter Anderem in Bonn, Köln und Berlin Germanistik, Philosophie und Geschichte. Schon früh trat er als Autor, Feuilletonist und Literaturkritiker hervor und schrieb für Zeitungen und Zeitschriften. In Berlin lernte er seine Frau Gudrun kennen (Heirat 1935) und arbeitete als Lektor für Rundfunk und Film (Universum Film (UFA)).

Bereits früh interessierte er sich für die zeitgenössische Literatur, sammelte Material, korrespondierte mit Autoren und verfasste Darstellungen zu ihrem Leben und Werk. Sein Band „Dichter unserer Zeit. 275 Einzeldarstellungen zur deutschen Dichtung der Gegenwart“ (1938) wurde als Literaturführer für jedermann“ mehrfach aufgelegt und erweitert. 1941 erschien schon die 4. Auflage. Das Buch zeichnet sich vor allem dadurch aus, das ganz konsequent alle Autoren fehlen, die als „jüdisch“ angesehen wurde, und die Demokraten waren. Es fehlen beispielsweise Namen wie Kafka, Mann, Feuchtwanger, Arnold und Stefan Zweig, Döblin und viele andere. Der Literaturwissenschaftler Ketelsen nannte dieses Auslassen im Sinne nationalsozialistischer Kulturpolitik „literarhistorische Schreibtischtäterschaft“.[2] Während des Zweiten Weltkriegs war Lennartz Soldat und zuletzt in Breslau stationiert, wo er 1945 in sowjetische Gefangenschaft geriet, aus der er erst fünf Jahre später zurückkehrte. Fortan widmete er sich ganz der Weiterarbeit an seinen Autorenlexika „Deutsche Dichter und Schriftsteller unserer Zeit“ (elf Auflagen) und „Ausländische Dichter und Schriftsteller unserer Zeit“ (fünf Auflagen), die, jeweils gründlich - jetzt im demokratischen Sinn - überarbeitet, bald zum Standard-Nachschlagewerk eines jeden literarisch Interessierten und zu den meistgelesenen Literaturlexika im deutschsprachigen Raum gehörten. Die Naziautoren waren aus seinem Werk verbannt, stattdessen waren die fehlenden demokratischen und jüdischen Autoren wieder dabei. Das wurde vollzogen, ohne ein Wort der Erklärung dafür abzuliefern. In seinen Darstellungen behandelt Lennartz, ein „Meister der knappen Charakteristik“ (Marcel Reich-Ranicki) die Autoren und Werke nicht fade, sondern beleuchtet sie sprachlich brillant und vielschichtig in „essayistischen Kabinettstückchen“ (Wilhelm R. Schmidt), zeigt sie polyphon im „Spiegel der Kritik“ und Kontext ihrer Epoche. Biografische und bibliografische Details recherchierte er mit großer Sorgfalt, was Reich-Ranicki veranlasste, vom „Lennartz“ als dem „zuverlässigen Lexikon“ zu sprechen, und Uwe Johnson befand: „alles ist da“. Lennartz zog 1960 von Berlin nach Kirchhofen bei Freiburg und von dort 1967 nach Salem am Bodensee. Enge Freundschaften verbanden ihn mit Bruno Hillebrand und Dino Larese. 1987 erwarb das Deutsche Literaturarchiv des Schiller-Nationalmuseums den Gesamt-Briefwechsel von Franz Lennartz mit Autoren, ca. 1.700 Korrespondenzen (unter Anderem mit Robert Musil, Franz Kafka, Ernst Jünger, Gerhart Hauptmann, Gottfried Benn, Paul Celan, Bertolt Brecht, Heinrich Böll, Carl Zuckmayer). Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit pflegte er sein über Jahrzehnte gewachsenes Archiv zur Literatur und zu Themen der Zeitgeschichte (Sondersammlungen unter Anderem zu Goethe, Napoleon, Picasso), sammelte neben Tausenden Büchern ein nahezu unüberschaubares Konvolut an Artikeln, Notizen, Rezensionen und Beiträgen deutschsprachiger und internationaler Publikationen. Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Hessischen Kulturstiftung für Wissenschaft und Kunst und des S. Fischer Verlages erwarb 1990 die Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main komplett diesen wichtigen Teil seines Lebenswerkes, der heute Teil des dortigen Archivzentrums ist (Sammlung Franz Lennartz zur deutschen Literatur, mit Besichtigungsmöglichkeit). Der Fundus umfasst rund 900 Meter, etwa drei Viertel davon sind wissenschaftlich erschlossen. Eine Ausstellung zu Ehren des 85. Geburtstages wurde 1995 in Frankfurt am Main und 1996 in der Universität Konstanz gezeigt. Franz Lennartz starb am 16. Januar 2003 in seinem Haus in Salem-Beuren.

Auszeichnungen

Bundesverdienstkreuz am Bande (1999)

Werke

  • Die Dichter unserer Zeit. Einzeldarstellungen zur deutschen Dichtung der Gegenwart. Kröners Taschenausgabe Band 217. Stuttgart: Kröner Verlag 1938. 2. Aufl. 1939. 3. Aufl. 1940. 4. Aufl. 1941. 5. Aufl. 1952
  • Dichter und Schriftsteller unserer Zeit. Einzeldarstellungen zur Schönen Literatur in deutscher Sprache. Kröners Taschenausgabe Band 217. Stuttgart: Kröner Verlag 1954 (6. Aufl.). 7. Aufl. 1957
  • Deutsche Dichter und Schriftsteller unserer Zeit. Einzeldarstellungen zur Schönen Literatur in deutscher Sprache. Kröners Taschenausgabe Band 217. Stuttgart: Kröner Verlag 1959 (8. erw. Aufl.). 9. erw. Aufl. 1963. 10. erw. Aufl. 1969
  • Deutsche Schriftsteller der Gegenwart. Einzeldarstellungen zur Schönen Literatur in deutscher Sprache. Kröners Taschenausgabe Band 217. Stuttgart: Kröner Verlag 1978 (11. erw. Aufl.)
  • Ausländische Dichter und Schriftsteller unserer Zeit. Einzeldarstellungen zur Schönen Literatur in fremden Sprachen. Kröners Taschenausgabe Band 217. Stuttgart: Kröner Verlag 1955. 2. erw. Aufl. 1957. 3. erw. Aufl. 1960. 4. erw. Aufl. 1971 und 1976.
  • Deutsche Schriftsteller des 20. Jahrhunderts im Spiegel der Kritik. 845 Einzeldarstellungen mit Werkregister und dokumentarischem Anhang. Mit einem Vorwort von Imma Klemm. 3 Bände in Kass. und Registerband. Stuttgart: Kröner Verlag 1984

Literatur

  • Franz Lennartz – Zeitgenosse und Sammler, Lexikograph und Feuilletonist. Herausgegeben von der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main. Gesamtverantwortung: Wilhelm R. Schmidt. Frankfurt am Main: 1995

Einzelnachweise

  1. Marcel Atze in seiner Buchbesprechung „Im völkischen Glashaus“ des Buches von Hans Sarowicz und Alf Mentzer Literatur in Nazi-Deutschland [1] aus dem Jahr 2003.
  2. Uwe-Karsten Ketelsen: Literatur und Drittes Reich. SH-Verlag, Vierow bei Greifswald 1994 (2. Auflage), ISBN 3-89498-012-5, S. 80.