Marburgfieber-Ausbruch in Ruanda 2024
Der Marburgfieber-Ausbruch in Ruanda 2024 war das erste Mal, dass Fälle von Marburgfieber in Ruanda festgestellt wurden. Weltweit erstmalig kamen Impfstoffe gegen den Marburg-Virus zum Einsatz. Bis Ende September 2024 waren Fälle von Marburgfieber in sieben Distrikten Ruandas nachgewiesen. Zwischen der Bekanntgabe des Ausbruchs am 27. September und 1. November infizierten sich insgesamt 66 Personen, wovon 15 starben. Ein Großteil der Opfer waren Beschäftigte im Gesundheitssektor. Bis 8. November war der letzte Patient genesen. Die Mortalitätsrate aller Erkrankten des Ausbruchs stand damit bei 22,7 %. Der Ursprung des Ausbruchs wurde auf die Übertragung des Virus von einem Flughund auf einen Bergbauarbeiter zurückgeführt.
Lage vor dem Ausbruch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Marburgfieber-Ausbrüche waren in Afrika seit Jahrzehnten öfter festgestellt worden.[1] 2022 gab es in Ghana einen Ausbruch mit zwei Toten. Im Jahre 2023 gab es Ausbrüche in Äquatorialguinea (35 Marburgtote) und Tansania (6 Todesopfer).[2] Fälle von Marburgfieber waren zuvor in Ruanda jedoch nie festgestellt worden.[3]
Ruanda verfügte über ein gut organisiertes Gesundheitswesen zum Zeitpunkt des Ausbruchs. Ein Impfstoff gegen das Marburgfieber war noch nicht vollständig entwickelt.[4] Vier Impfstoffe waren aber soweit in der Impfstoffentwicklung fortgeschritten, dass bereits Tierversuche zur Wirksamkeit und Studien zur Verträglichkeit bei Menschen durchgeführt worden waren, für Zulassungen fehlten aber noch die Konfrontation unter Ausbruchbedingungen. Am aussichtsreichsten galt ein vom US-amerikanischen National Institute of Allergy and Infectious Diseases entwickelter Impfstoff. Der Marburgfieber-Ausbruch in Ruanda bot die Möglichkeit diese Impfstoffe auch in diesen Bedingungen zu erproben.[5]
Die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) unterhielten in dem Land einen Außenposten, unter anderem, um bei der Erfassung und Bekämpfung von Seuchenausbrüchen zu helfen.[1]
Verlauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Krankheitsfälle | Todesfälle | Genesene | Stand |
---|---|---|---|
6 | 28. Sep. | ||
26 | 8 | 1. Okt. | |
36 | 11 | 3. Okt. | |
49 | 12 | 8 | 6. Okt. |
61 | 14 | 16 | 11. Okt. |
62 | 15 | 30 | 15. Okt |
62 | 15 | 43 | 17. Okt. |
62 | 15 | 44 | 19. Okt. |
65 | 15 | 47 | 27. Okt.[6] |
66 | 15 | 49 | 1. Nov.[7] |
66 | 15 | 51 | 8. Nov.[8] |
Am 27. September 2024 meldete die Regierung des ostafrikanischen Landes der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass es zu Fällen von Marburgerkrankungen in Ruanda gekommen war. Am Tag zuvor hatte ein Labor in Ruanda bei Blutproben mittels RT-PCR-Tests Marburgviren nachgewiesen. Es waren bis zum 27. September Fälle von Marburgfieber in den Distrikten Gasabo, Gatsibo, Kamonyi, Kicukiro, Nyagatare, Nyarugenge und Rubavu gemeldet worden. 70 % der zu diesem Zeitpunkt bekannten 26 Fälle betrafen Beschäftigte in zwei Krankenhäusern in Kigali.[3] Sowohl die WHO wie auch die amerikanische CDC sandten medizinische Experten, um bei der Eindämmung des Ausbruchs zu unterstützen.[4] Die ruandischen Gesundheitsbehörden ermittelten Kontaktperson und untersagten diesen Flüge aus dem Land zu tätigen. Besucher in Schulen und Krankenhäusern wurden abgewiesen und Teilnehmerzahlen an Beerdigungen von Opfern des Marburgfiebers begrenzt.[9]
Am 28. September 2024 starben die ersten sechs Opfer des Marburgfieber-Ausbruchs.[1] Bis zum Morgen des 3. Oktober 2024 war laut dem ruandischen Gesundheitsministerium bei 36 Personen Marburg diagnostiziert worden, elf Erkrankte waren bis zu dem Zeitpunkt verstorben.[10] Laut Sabin Nsanzimana, dem Gesundheitsminister, waren 29 der Erkrankten Angestellte im Gesundheitssektor. Der Gesundheitsminister kündigte außerdem baldige Tests für einen Marburgimpfstoff an.[11] Bis zum 6. Oktober stieg die Zahl der Erkrankten laut dem ruandischen Gesundheitsministerium auf 49, wovon zwölf starben und acht sich wieder erholten.[12] Am 6. Oktober bestätigte der Gesundheitsminister, dass Ruanda rund 700 Impfdosen des Sabin Vaccine Institute erhalten habe.[13] Zwei Tage später, kurz bevor die Ausgabe der experimentellen Impfdosen begann, betrug die Zahl der Erkrankten 56 Fälle.[14] Bis zum 10. Oktober 2024 waren über zweihundert Personen geimpft worden. Der Leiter der Africa Centres for Disease Control and Prevention erklärte an diesem Tag, dass der Ausbruch unter Kontrolle sei.[9] Bis 11. Oktober stieg die Zahl der Krankheitsfälle jedoch noch einmal leicht auf 61 und die Todesfälle darunter auf 14. Von den 61 Erkrankten hatten sich 16 bereits von der Krankheit erholt.[15] Am 12. Oktober gab das Sabin Vaccine Institute bekannt, dass es weitere etwa 1000 Impfdosen an Ruanda nachgeliefert habe.[16] Stand 15. Oktober lag laut dem Gesundheitsministerium Ruandas die Zahl der Erkrankten bei 62, die Todesfälle bei 15 und die Zahl der Genesenen bereits bei 30. Rund 770 Impfdosen wurden verabreicht.[17] Bis 1. November stieg die Zahl der Infizierten noch einmal auf 66 Fälle.[7] Stand 5. November waren noch zwei Patienten in Quarantäne, die jedoch einen „stabilen Zustand“ zeigten. Der letzte Todesfall wurde am 14. Oktober verzeichnet.[18] Bis 8. November war der letzte Patient genesen. Die Mortalitätsrate aller Erkrankten des Ausbruchs stand damit bei 22,7 %.[8]
Am 16. Oktober erklärte die Weltgesundheitsorganisation, dass in Ruanda die weltweit erste klinische Studie zur Behandlung des Marburg-Virus begonnen habe. Zum Einsatz käme dabei das Medikament Remdesivir, das bereits bei der Behandlung von COVID-19 verwendet wurde.[19]
Verdachtsfälle in Europa
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wegen des letztlich unbestätigten Verdachts, dass zwei Reisende an Marburg erkrankt seien, wurden am 2. Oktober 2024 am Hamburger Hauptbahnhof zwei Gleise gesperrt.[20] Einer der beiden Verdachtsfälle war ein Medizinstudent, der in Ruanda in geschützten Kontakt mit Marburgerkrankten gekommen war. Nach einem Transport in das Universitätsklinikum Eppendorf wurden beide mit einem PCR-Test negativ auf den Marburgvirus getestet.[10]
Eine Kontaktperson war von Ruanda nach Belgien eingereist, zeigte aber keine Symptome. Die belgischen Gesundheitsbehörden stuften das Risiko als gering ein, riefen die Bevölkerung aber zur Wachsamkeit auf.[21]
Ursprung des Marburgfieber-Ausbruchs
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 20. Oktober gab das Gesundheitsministerium in einer Pressekonferenz bekannt, dass der Ausbruch nach ersten phylogenetischen Untersuchungen „einen einzigen zoonotischen Ursprung“ habe und von einem Flughund auf einen ersten Menschen übertragen wurde. Der entsprechende Indexpatient sei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert. Dieser lasse sich, wie auf einer weiteren Pressekonferenz am 27. Oktober bekanntgegeben wurde, auf einen Arbeiter in einer Bergbaumine in Nähe einer Höhle mit Flughunden zurückführen. Veränderungen in der Ansteckungsgefahr oder Schwere des Krankheitsverlaufs durch Mutationen des Virus wurden nicht festgestellt.[22][23]
Präventivmaßnahmen zur Verhinderung weiterer Ausbrüche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Tötung der Nilflughunde (Rousettus aegyptiacus) seit laut dem Gesundheitsminister Sabin Nsanzimana wegen ihrer ökologischen und landwirtschaftlichen Bedeutung bei der Kontrolle von Insekten und der Bestäubung von Pflanzen nicht geplant. Ein Flughund könne „in einer Nacht 100.000 Mücken fressen“ und zugleich Pollen 60 Kilometer weit transportieren. Zudem hätten sich solche Maßnahmen in anderen Ländern in der Vergangenheit als kontraproduktiv erwiesen, da die Nilflughunde sich als Ausgleich in der Fortpflanzungszeit zwischen Februar und August stärker vermehrten und die Übertragung des Virus wahrscheinlicher machten. Stattdessen würde der Gesundheitszustand der Minenarbeiter nahe der betroffenen Höhle täglich überwacht und eine Barriere errichtet sowie ähnliche Präventivmaßnahmen in anderen Minen, in denen Nilflughunde nachweislich vorkommen, ergriffen und gezielt nach weiteren Gefahrenstellen für die Ausbreitung des Virus gesucht.[18]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Marburg virus disease - Rwanda. Weltgesundheitsorganisation (englisch).
- MARBURG Virus Information. In: rbc.gov.rw. Rwanda Biomedical Centre (englisch).
- Marburg Outbreak in Rwanda Situation Summary. Centers for Disease Control and Prevention (englisch).
- Rwanda: Marburg Virus Disease Outbreak - Sep 2024. In: ReliefWeb. (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Carole Tanzer Miller: Outbreak of Ebola-Like Marburg Virus in Rwanda Has Killed 8 People, U.S. News and World Report vom 1. Oktober 2024
- ↑ Annie Correal und April Rubin: What to Know About the Marburg Virus Disease Outbreak, The New York Times vom 3. Oktober 2024
- ↑ a b Marburg virus disease - Rwanda, Mitteilung der Weltgesundheitsorganisation vom 30. September 2024 (englisch)
- ↑ a b Jen Christensen: Rwanda is dealing with its first outbreak of deadly Marburg virus disease, CNN vom 30. September 2024
- ↑ Jess Craig: An Ebola-like virus is spreading in Rwanda. Why isn’t there an approved vaccine for Marburg?, Vox vom 4. Oktober 2024
- ↑ MARBUG VIRUS UPDATES: 27.10.2024, Rwanda Biomedical Centre, rbc.gov.rw, 27. Oktober 2024, abgerufen am 28. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ a b MARBUG VIRUS UPDATES: 01.11.2024 Rwanda Biomedical Centre, abgerufen am 4. November 2024 (englisch)
- ↑ a b MARBURG Virus Information. In: rbc.gov.rw. Rwanda Biomedical Centre, abgerufen am 10. November 2024 (englisch).
- ↑ a b Rodney Muhumuza (ap), Rwanda's Marburg outbreak is under control, Africa's health chief says, ABC News vom 10. Oktober 2024, abgerufen am 13. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ a b Julian Staib: Verdacht auf Marburgvirus in Hamburg nicht bestätigt, FAZ.net vom 3. Oktober 2024
- ↑ Lisa Schnirring: Rwanda confirms more Marburg cases, plans vaccine trial, CIDRAP, University of Minnesota vom 3. Oktober 2024
- ↑ Charles Nyandwi: Marburg virus: Key prevention guidelines for places of worship, The New Times, 7. Oktober 2024, abgerufen am 7. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ Alice Umutesi: Rwanda gets 700 vaccine doses for Marburg virus In: The New Times, 6. Oktober 2024, abgerufen am 13. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ Gabrielle Emanuel: Marburg outbreak: Fear of motorbike helmets, vaccine trial, U.S. travelers alert, National Public Radio vom 8. Oktober 2024
- ↑ Emmanuel Ntirenganya: WHO roots for Marburg survivor care programme in Rwanda In: The New Times, 12. Oktober 2024, abgerufen am 12. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ Emmanuel Ntirenganya: Rwanda gets 1,000 more vaccine doses for Marburg virus In: The New Times, 13. Oktober 2024, abgerufen am 13. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ MARBURG Virus Information – Update 15 / 10 / 2024, Gesundheitsministerium, rbc.gov.rw, 15. Oktober 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ a b Jesca Mutamba: Health minister on why killing Marburg spreading bats is no solution In: The New Times, 5. November 2024, abgerufen am 5. November 2024 (englisch)
- ↑ Ruanda beginnt mit klinischer Studie zu tödlichem Marburg-Virus In: srf.ch, 16. Oktober 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024
- ↑ Miray Caliskan/Birgit Herden: Hochgefährlicher Erreger, Der Tagesspiegel vom 3. Oktober 2024
- ↑ Rita Alves: Belgium ramps up health monitoring following Rwanda's Ebola-like virus outbreak, The Brussels Times vom 2. Oktober 2024
- ↑ Alice Umutesi: Rwanda: Marburg virus came from animal to human, genomic sequencing indicates In: The New Times, 20. Oktober 2024, abgerufen am 20. Oktober 2024 (englisch)
- ↑ Marburg-Virus in Ruanda wohl durch Flughunde übertragen In: Die Zeit, 27. Oktober 2024, abgerufen am 18. Oktober 2024