Schreibers, Karl Ritter von

Lebensdaten
1775 – 1852
Geburtsort
Preßburg (Bratislava, Slowakei)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Zoologe ; Naturforscher ; Direktor der kaiserlichen Naturaliensammlung ; Naturwissenschaftler ; Botaniker ; Museumsdirektor
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 117045535 | OGND | VIAF: 42605058
Namensvarianten

  • Schreibers, Karl Franz Anton (bis 1808)
  • Schreibers, Karl Ritter von
  • Schreibers, Karl Franz Anton (bis 1808)
  • schreibers, karl franz anton
  • Schreibers, Karl von
  • Schreibers, Carl Franz Anton von
  • Schreibers, Carl von
  • Schreibers, Carolus a
  • Schreibers, Karl Franz Anton von
  • Schreibers, Carl Ritter von
  • schreibers, karl ritther von
  • Schreibers, Carl Franz Anton (bis 1808)
  • Schreibers, Karolus a

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Zitierweise

Schreibers, Karl Ritter von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117045535.html [26.12.2024].

CC0

  • Schreibers, Karl Franz Anton Ritter von (österreichischer Ritter 1808)

    Naturforscher, Museumsdirektor, * 16.8.1775 Preßburg (Bratislava, Slowakei), 21.5.1852 Wien. (katholisch)

  • Genealogie

    Aus d. Eichsfeld stammende Fam., deren Stammreihe mit Jacob, um 1650 kfl. mainz. Pfleger in Klingenfels, beginnt;
    V Franz Xaver S. ( 1798), Feld Kriegsarchivar, später Sekr. bzw. Registrator u. Expeditionsdir. b. Hofkriegsrat in W., S d. Johann Heinrich, k. k. Reg.rat in W.;
    M Katharina Eytl;
    Ov Joseph Ludwig Rr. v. S. (1735-1809, österr. Rr. 1808), Dr. med., Physikus am Bürgerspital in W., Konsiliarius b. Erkrankungen d. Ks. Joseph II u. Leopold II.;
    Tante-v Catharina S. ( 1791, Nikolaus Joseph Frhr. v. Jacquin, 1727–1813, österr. Adel 1774, Frhr. 1806, Prof. f. Chemie u. Botanik in W., s. NDB X);
    Wien 1810 Isabella, T d. Joseph Frhr. v. Jacquin (1766–1839, österr. Adel 1774, Frhr. 1806), Prof. d. Botanik in W., Reg.rat (s. NDB X), u. d. Maria Barbara (Babette) Freiin v. Natorp (1769–1844), erhielt Musikunterr. v. Mozart;
    1 S, 2 T; N Joseph (1793–1874), Sektionsrat im österr. Min. f. Landeskultur (s. ÖBL);
    Gr-N Isabella (* 1832, Adalbert Fuchs, 1814–86, Dr. med. et phil., Prof. f. Landwirtsch. an d. TH Wien, s. ÖBL; NDB V*).

  • Biographie

    S. kam 1784 zu seinem Onkel nach Wien und besuchte das Löwenburgische Konvikt (heute Piaristen-Gymn.). Schon früh erwachte sein Interesse an Botanik, Mineralogie und Zoologie, bes. an Insekten, Würmern, Spinnen und an der Zootomie. 1792 publizierte er seinen „Versuch einer vollständigen Conchylienkenntnis nach Linné's System“ (2 Bde.), worauf er die Mitgliedschaft der Naturforschenden Gesellschaft Jena erhielt. Seit 1793 studierte er an der Univ. Wien Medizin, u. a. bei Nikolaus Joseph v. Jacquin, Ferdinand v. Leber (1727–1808) und Ignaz Pessina (1766–1808). 1793-95 assistierte er Franz Joseph Gall (1758–1828), dem Begründer der Phrenologie. Nach der Promotion zum Dr. med. (1798) praktizierte S. bei seinem Onkel und bereiste seit 1799 mehrere europ. Staaten, wo er mit bedeutenden Wissenschaftlern zusammentraf (Sir Joseph Banks, James Smith, Everad Home); auf deren Anregung untersuchte er die kaum bekannten kroat. Grottenolme (A historical and anatomical description of a doubtful amphibious animal in Germany, called Proteus anguinus, in: Philosophical Transactions 91, 1801) sowie neue austral. Käferarten (Transactions of the Linnean Society 6, 1802). 1801 erfolgte seine Ernennung zum Assistenten am Lehrstuhl für Naturgeschichte und Landwirtschaftslehre der Univ. Wien unter Peter Jordan (1751–1827), dessen zoologische Vorlesungen S. 1802-07 vertretungsweise hielt. Abweichend vom offiziellen Lehrstoff verbreitete er das System von Georges de Cuvier und die Entwicklungslehren von Jean-Baptiste Lamarck und Geoffrey de Saint-Hilaire, zu denen er freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit führte S. bis 1806 eine Arztpraxis. Dann erfolgte die Ernennung zum Direktor des „Vereinigten Naturalien-, physikalischen und astronom. Kabinetts“, dem Vorläufer des heutigen Naturhistorischen Museums, dessen Sammlungen und Organisation er für die Zwecke der Forschung und Lehre umgestaltete. Das physikalisch-astronomische Kabinett wurde noch 1806 seinem Kompetenzbereich entzogen, dafür kam 1807 die neugegründete botanische Sammlung hinzu. 1810 wurden die ksl. Sammlungen dem Staat übergeben und hießen nun „Vereinigte k. k. Naturalien-Cabinete“. 1816 wurde das „Fabriksproduktenkahinett“ dem Polytechnischen Institut eingegliedert. 1816-22 leitete S. vertretungsweise auch das Münz- und Antikenkabinett.

    S. unterwies den späteren Ks. Ferdinand und seil 1808 auch Ehzgn. Leopoldine in Naturwissenschaften, organisierte die österr. Brasilienexpedition (1817–21), richtete 1820 das „Brasilian. Museum“ ein, leitete dieses bis 1836 und nahm dann dessen Aufteilung auf die übrigen Sammlungen vor. Nach einem Meteoritenfall 1808 begann er sich mit diesem Phänomen zu beschäftigen und konnte die Annahme von deren kosmischer Herkunft durchsetzen. Auf zoologischem Sektor sind seine Arbeiten über Eingeweidewürmer sowie brasilian. Vögel hervorzuheben. Daneben war S. auch experimentellphysikalisch tätig. Er stellte erstmals im dt. Sprachraum Alkalimetalle durch Schmelzelektrolyse dar und entwickelte ein elektromagnetisches Pendel sowie ein Hygrometermodell. Überaus pedantisch, publizierte er nur einen kleinen Teil seiner Arbeiten; die Manuskripte, v. a. eine grundlegende Monographie über österr. Spinnen (1811), fielen 1848 einem Brand des Naturalienkabinetts im Zuge der Kampfhandlungen zum Opfer.|Auch seine Privatsammlung, sein Briefwechsel und die von ihm begründete Skelettkollektion gingen dabei verloren.

  • Auszeichnungen

    korr. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. in München (1812), Göttingen (1815), Dublin u. Erfurt;
    ksl. Rat (1810);
    niederösterr. Reg.rat (1823);
    HR (1835);
    – Wilhelm v. Haidinger benannte d. Phosphornickeleisenkörner in Eisenmeteoriten als Schreibersit.

  • Werke

    Nachrr. über d. Steinregen v. Stannern, in: Gilberts Ann. d. Physik 29, 1808;
    Über d. Steinregen v. Lissa, ebd. 30, 1808;
    Über böhm. u. mähr. Steinregen u. d. Meteorsteine überhaupt, ebd. 32, 1809, 44, 1813;
    Nachrr. v. e. beträchtl. Slg. tier. Eingeweidewürmer, 1811;
    Eine naturhist.-anatom. Beschreibung d. Proteus anguinus, 1818;
    Verz. d. Slg. v. Meteor-Massen, welche sich im k. k. Hof-Mineralien-Cabinete in Wien befindet, 1819;
    Nachrr. v. d. ksl. Österr. Naturforschern in Brasilien, 2 Bde., 1820/21;
    Beyträge z. Gesch. u. Kenntniß meteor. Stein- u. Metallmassen, 1820;
    Collectanea ad Ornithologiam Brasiliae. Neue Arten v. Buntspechten, Colibri, 1833;
    Collectanea ad faunam Brasiliae, Pars ornithologica, 1833.

  • Literatur

    ADB 32;
    G. Hamann, Das Naturhist. Mus. in Wien, in: Veröff. aus d. Naturhist. Mus. Wien NF 13, 1976, S. 23-45;
    A. Marschall, in: Verhh. d. zoolog.-botan. Ver. Wien 2, 1853, S. 46 ff.;
    Ideen aus Österr. (Notring-Alm.), 1955, S. 138 f.;
    W. Pichler, K. F. S., Dipl.arb. Wien 1993 (W-Verz., P);
    Ch. Riedl-Dorn, Das Haus d. Wunder, Zur Gesch. d. Naturhist. Mus. Wien, 1998, S. 09-84;
    H. Scholler, in: Ann. d. Naturhist. Mus. 59, 1951/52, S. 23-48, (W-Verz., P);
    Pogg. II;
    Wurzbach;
    ÖBL;
    DSB; |

  • Quellen

    Qu Österr. StA, Allg. Verw.archiv, Wien; Wiener Stadt- u. Landesarchiv; Archiv d. Naturhist. Mus. Wien.

  • Autor/in

    Christa Riedl-Dorn
  • Zitierweise

    Riedl-Dorn, Christa, "Schreibers, Karl Ritter von" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 536-537 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117045535.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Schreiber, Karl Franz Anton Ritter von

  • Biographie

    Schreiber: Karl Franz Anton Ritter v. S. wurde am 15. August 1775 in Preßburg geboren, wo sein Vater, der aus einer angesehenen Familie Westfalens stammte, Feldkriegsarchivar war. Schon im 9. Lebensjahre verließ er das Vaterhaus, um seine Ausbildung in dem Löwenburg’schen Convict zu empfangen. Nachdem jedoch sein Vater als Secretär beim Hofkriegsrath nach Wien versetzt war, nahm er ihn wieder zu sich und ließ ihn das Gymnasium in Wien besuchen. Der tägliche Umgang mit bedeutenden Naturforschern wie Jacquin, Ingenhous, Fichtel und andern entfachte bei dem Jüngling die Liebe zu den Naturwissenschaften, und als er die Schule absolvirt hatte, entschloß er sich, Naturwissenschaften und Medicin zu studiren. Kaum 17 Jahre alt veröffentlichte er sein erstes Werk: „Versuch einer vollständigen Conchylienkenntniß nach Linné's System“, 2 Bde., Wien 1793. Während seiner Studienzeit bot er sich Gall, angeregt von dessen neuen Ideen über die Schädellehre, als Gehülfen an und leistete ihm wesentliche Dienste. Nachdem er 1798 das Doctordiplom erworben hatte, widmete er sich zunächst eine kurze Zeit unter Anleitung seines Onkels, des damals berühmten Arztes Johann Ludwig v. S., welcher der österreichische Boerhave genannt wurde, der ärztlichen Praxis. Darauf unternahm er eine wissenschaftliche Reise durch ganz Deutschland, die Schweiz, Frankreich, England und Schottland. Während derselben erhielt er die Nachricht, daß er zum Assistenten seines früheren Lehrers Jordan für die specielle Naturgeschichte mit dem Titel eines adjungirten Professors und der Zusicherung der Nachfolge in der ordentlichen Professur ernannt sei. Nach seiner Rückkehr hielt er die naturgeschichtlichen, namentlich zoologischen Vorlesungen und widmete sich zugleich der ärztlichen Praxis. Im J. 1801 veröffentlichte er eine vortreffliche Arbeit über den damals noch fast ganz unbekannten Proteus aus der Adelsberger Grotte in Philosophical Transactions Vol. 91, pag. 241—264 und bald darauf eine Beschreibung neuholländischer Käfer in Linnean Transactions Vol. VI, Nr. 19, 20, 21. Im J. 1806 wurde durch Pensionirung des Propstes Eberl das Directorat des zoologischen Museums und durch den Tod des Abbé Stütz dasjenige des mineralogischen Museums frei. Man beschloß beide zu vereinigen und bot sie S. an. Obwohl zu derselben Zeit durch die Berufung des Professors Jordan als Director des landwirthschaftlichen Instituts zu Vösendorf der Lehrstuhl für Naturgeschichte, für welchen S. designirt war, frei geworden, entschloß er sich doch, die erstere Stelle anzunehmen. Bis zur definitiven Besetzung des Lehrstuhls für Naturgeschichte setzte S. noch seine Vorlesungen fort, dann widmete er sich völlig den ihm unterstellten Museen und bekleidete dieses Amt 46 Jahre lang bis kurz vor seinem Tode. Er brachte es durch eisernen Fleiß und unermüdliche Ausdauer dahin, daß diese Anstalten, welche durchaus nicht den Anforderungen der Zeit entsprachen, allen größeren Museen ebenbürtig zur Seite gestellt werden konnten. Im J. 1808 unternahm S. eine Reise nach Stannern, wo Meteorsteine niedergefallen waren, und lieferte ein mustergültiges Referat. Als 1809 das Heer Napoleon's Oesterreich zu überfluten drohte, erhielt er den gefährlichen und verantwortlichen Auftrag, die wichtigsten Schätze der öffentlichen Museen und Bibliotheken, sowie der Schatzkammer zu retten. Im J. 1815 wurde er nach Paris gesandt, um die aus Oesterreich fortgeführten und nach den Friedensbedingungen zurückzuerstattenden Kunstschätze und Bücher wieder in Empfang zu nehmen. Ein besonderes Verdienst erwarb sich S. noch dadurch, daß er die erste österreichische Expedition nach Brasilien in Anregung brachte und von 1817—22 das Referat über dieselbe führte: „Nachrichten von den kaiserl. österreichischen Naturforschern in Brasilien und den Resultaten ihrer Betriebsamkeit"“, 2 Hefte, Brünn 1820, 21. Von den mitgebrachten Thieren beschrieb S. die Colibri: „Collectanea ad Ornithologiam Brasilias, Neue Arten|von Blumenspechten, Colibri“, Wien 1833. Außer mit den Spinnenthieren, von denen er zuerst die österreichischen Arten sammelte und wissenschaftlich bearbeitete, beschäftigte er sich h`auptsächlich mit den Reptilien, zu denen ihn seine Beobachtungen über den Proteus geführt hatten, und er veröffentlichte zwei interessante Abhandlungen über die Salamander: „Ueber Entwickelung der beiden Arten der Erdsalamander“ in Meißner's naturwissenschaftlichem Anzeiger der allgemeinen Schweizer Gesellschaft, Jahrgang 1819 und „Ueber die spezifische Verschiedenheit der Salamandra atra und maculata“ in Isis 1833. Im J. 1833 wurde ihm der Titel eines Hofraths verliehen, nachdem er schon 1823 zum Regierungsrath ernannt war. In seinem Alter traf ihn das harte Mißgeschick, daß seine Sammlungen, seine Bibliothek und seine Aufzeichnungen ein Raub der Flammen wurden. S. starb am 21. Mai 1852 an Altersschwäche.

  • Literatur

    Marschall's Nekrolog in Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereins in Wien, Bd. 2, 1852.

  • Autor/in

    W. Heß.
  • Zitierweise

    Heß, Wilhelm, "Schreibers, Karl Ritter von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 32 (1891), S. 477-478 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117045535.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA