T.O.K.
Hört man sich T.O.K.-Songs einmal genauer an, fallen die häufigen, mit Autotune ausstaffierten Gesangsharmonien auf. Insofern ist das größte musikalische Vorbild des jamaikanischen Quartetts gar nicht so überraschend wie zunächst gedacht: Die Croon-R&B-Prinzen der 1990er Jahre, Boyz II Men.Dementsprechend starten die späteren Dancehall-Reggae-Stars ihre Popkarrieren nicht in Kingstoner Hinterhöfen, sondern 1992 im Schulchor. Alistaire McCalla (Alexx), Roshaun Clarke (Bay-C), Craig Thompson (Craigy-T) und Xavier Davidson (Flexx) legen zur Hochzeit von Boyz II Men den Bandgrundstein. Zunächst interpretieren sie R&B-Hits neu.Der Vierer erhält eine Gesangsausbildung, tritt bei Highschool-Partys auf und beginnt, die karibische Heimatinsel zu bespielen. 1993 landen sie nach der Teilnahme an einem Talentwettbewerb bei der Plattenfirma Nuff Records. Großer Ruhm bleibt den ersten Singles aber erst einmal verwehrt.1996 wechselt man zu Sly & Robbies Taxi-Label und kurz darauf weiter zu High Profile. Dort verzeichnen Alexx, Bay-C, Craigy-T und Flexx den ersten Chartserfolg: Die Single "Hardcore Lover" schafft es bis auf Platz vier der jamaikanischen Hitparade. Jahre später sollte die New York Times den Act als "die weltgrößte Dancehall-Reaage-Boyband" bezeichnen.R&B genügt ihnen jetzt aber nicht mehr. "Wir sind Jamaikaner", erklärt Davidson. "Das muss sich in unserer Musik widerspiegeln, und das ist, was auch nach und nach passiert ist." Die vier Sänger und Deejays verpflichten den Tontechniker Richard Browne als Manager und wechseln den Kurs in Richtung Dancehall-Roots.Nachfolgende Charthits inkorporieren weiter häufig Gesangsharmonien, doch klingt der Sound nun deutlich angespitzter. Teilweise bieten T.O.K. jetzt Hardcore-Dancehall, der gleichermaßen von US-Hip Hop wie von Jamaika beeinflusst ist. Eine Melange aus Boyz II Men und Shaggy prägt auch das 2001er LP-Debüt "My Crew, My Dawgs" bei der legendären Plattenfirma VP Records.Während das Prince-Cover "Eagles Cry" 2000 zum Nr.1-Hit wird und der Pitbull-Feature-Track "She's Hot" vom Album "Unknown Language" zum Durchbruch in den internationalen Dancehall-Markt verhilft, sorgen die Kingstoner an anderer Stelle für Kontroverse. Denn wie zahlreiche andere Genre-Acts warten T.O.K. mit eindeutig homophoben Texten auf.Das Last.fm-Tag "homophobic" verdanken sie unter anderem dem Song "Chi Chi Man". Das dazugehörige Albumdebüt landet deswegen in Deutschland 2008 sogar auf dem Index. Erfreulicherweise wandelt sich die Attitüde über die Jahre. So distanziert sich die Gruppe in einem Interview mit dem Fachblatt Riddim von früheren homophoben Inhalten.Schon bevor Beenie Man und Co. den so genannten Reggae Compassionate Act unterzeichnen, der Toleranz und Verständnis auch für gleichgeschlechtliche Neigungen proklamiert, streichen die vier Freunde "Chi Chi Man" aus ihrem Liveset. Der Schritt findet auf Konzerten in Nord- und Südamerika, in Japan und auf deutschen Festivals wie Summerjam oder Chiemsee Reggae viel Zustimmung.Auch außerhalb der Musik setzt sich das Quartett für soziale Zwecke ein. Nach mehreren Todesfällen in der Verwandtschaft produzieren sie nicht nur einen Anti-Gewalt-Track, sondern gründen auch die Stiftung Guardian Angel Foundation. T.O.K. unterstützen die gesundheitliche Aufklärung über Bluthochdruck und fördern mit Benefizkonzerten ein Kingstoner Kinderkrankenhaus.
© Laut
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