Riemenzungen

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Riemenzungen

Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum)

Systematik
Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
Familie: Orchideen (Orchidaceae)
Unterfamilie: Orchidoideae
Tribus: Orchideae
Untertribus: Orchidinae
Gattung: Riemenzungen
Wissenschaftlicher Name
Himantoglossum
Spreng.

Die Gattung der Riemenzungen (Himantoglossum) in der Familie der Orchideen (Orchidaceae) enthält nur wenige Arten. Sie sind in den wärmeren Gebieten Europas beheimatet, lediglich die Bocks-Riemenzunge kommt auch im Norden Europas vor.

Beschreibung

Es sind kräftige, ausdauernde krautige Pflanzen mit zwei länglich-ovalen Knollen als Überdauerungsorgane. Der Austrieb der Blattrosette erfolgt schon im Herbst und ist bis zum Winter weitgehend abgeschlossen. Die Blätter sind länglich bis riemenförmig. Bereits während der Blütezeit beginnen die Laubblätter zu verwelken oder sind bereits verwelkt.[1]

Bartorchis (Himantoglossum comperianum)

Die Blütezeit erstreckt sich, je nach Standort, von April bis August. Der endständige, traubige Blütenstand ist mit zahlreichen Blüten besetzt. Die Tragblätter sind lang und überragt den Fruchtknoten. Dieser ist verdreht, so dass die Blüten resupiniert sind. Die Blütenblätter sind grünlich bis purpurn. Die drei äußeren Blütenblätter sowie die seitlichen Petalen haften aneinander und formen eine Haube. Die dreilappige Lippe ist stark verlängert, besonders der mittlere Lappen. Dieser ist linealisch geformt und linksschraubig tordiert; er endet oft tief eingeschnitten. Die Seitenlappen sind kürzer und besitzen einen gewellten Rand. Die Basis der Lippe formt einen Sporn. Die Säule ist kurz, das Staubblatt enthält zwei Pollinien, die über Stielchen (Caudiculae) an einer gemeinsamen Klebscheibe (Viscidium) hängen, die von einer halbkugeligen Membran (Bursicula) umgeben ist. Die Narbe ist rundlich bis abgerundet-quadratisch. Das Trenngewebe zwischen Narbe und Staubblatt (Rostellum) ist deutlich ausgebildet.[1]

Die Blüten werden von verschiedenen Bienen aus den Gattungen Andrena, Apis und Colletes bestäubt. Der Sporn enthält geringe Mengen zuckerhaltigen Nektar.[1]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n=36.[1]

Verbreitung

Die Riemenzungen sind im ganzen Mittelmeerraum verbreitet. In Westeuropa ist ihr Areal nach Norden bis England ausgedehnt, im Südwesten erstreckt sich die Verbreitung bis Nordafrika. Richtung Osten wird über die Türkei noch der Iran erreicht. Die Standorte liegen stets auf trockenen, kalkhaltigen Böden in sonniger bis halbschattiger Lage. Neben Grasland, aufgelassenen Feldern und verschiedenen mediterranen Strauchgesellschaften werden auch lichte Wälder besiedelt.[1]

Systematik

Ziegen-Riemenzunge (Himantoglossum caprinum)
Blüten der Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum)
Riesenknabenkraut (Himantoglossum robertianum)

Innerhalb der Orchideen werden die Riemenzungen in die Tribus Orchideae eingeordnet. Verwandte Gattungen sind Anacamptis, Neotinea, Ophrys, Serapias und Steveniella. Besonders nah verwandt sind die zwei Arten der Mastorchis (Barlia) und die Bartorchis (Comperia comperiana), die von einigen Autoren deshalb zu den Riemenzungen hinzugezählt werden. Die entsprechenden Gattungen sind auch separat monophyletisch, das Kladogramm stellt sich wie folgt dar:[2]







Himantoglossum


   

Barlia



   

Comperia comperianum



   

Steveniella satyrioides



   


Anacamptis


   

Serapias



   

Ophrys




   

Neotinea



Vorlage:Klade/Wartung/Style

Es wurde im Jahr 2004 eine intergenerische Hybride zwischen der Taurus-Riemenzunge (Himantoglossum montis-tauri) und der verwandten Bartorchis (Comperia comperiana) als ×Comptoglossum agiasense beschrieben.[3]

Die Arten in der Gattung der Riemenzungen sind:[4]

  • Adriatische Riemenzunge (Himantoglossum adriaticum H.Baumann, Syn.: Himantoglossum hircinum subsp. adriaticum (H.Baumann) H.Sund.): Sie kommt in Italien, Österreich und Tschechien vor.[4]
  • Gespornte Riemenzunge (Himantoglossum calcaratum (Beck) Schltr., Syn.: Himantoglossum caprinum subsp. calcaratum (Beck) H.Baumann & R.Lorenz): Sie kommt in Südosteuropa vor.[4]
  • Ziegen-Riemenzunge (Himantoglossum caprinum (M.Bieb.) Spreng., Syn.: Himantoglossum affine (Boiss.) Schltr.): Sie kommt von der Türkei bis Israel und auf der Krim vor.[4]
  • Bartorchis (Himantoglossum comperianum (Steven) P.Delforge, Syn.: Comperia comperiana (Steven) Asch. & Graebn.): Sie kommt von der südöstlichen Ägäis bis zum westlichen Iran und auf der südwestlichen Krim vor.[4]
  • Kaukasische Riemenzunge (Himantoglossum formosum (Steven) K.Koch): Sie kommt vom östlichen Kaukasus bis zum nordwestlichen Iran vor.[4]
  • Himantoglossum galilaeum Shifman: Die 2008 erstbeschriebene Art kommt in Israel vor.[4]
  • Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum (L.) Spreng.): Sie kommt in Europa, in Nordwestafrika und im Irak vor.[4]
  • Himantoglossum jankae Somlyay, Kreutz & Óvári: Sie kommt in drei Unterarten vom östlichen Mitteleuropa bis Israel vor.[4]
    • Himantoglossum jankae subsp. jankae: Sie kommt von der südlichen Slowakei bis in die nordwestliche Türkei vor.[4]
    • Himantoglossum jankae subsp. robustissimum (Kreutz) Kreutz (Syn.: Himantoglossum caprinum subsp. robustissimum Kreutz): Sie kommt in der Türkei vor.[4]
    • Rumelische Riemenzunge (Himantoglossum jankae subsp. rumelicum (H.Baumann & R.Lorenz) J.Ponert, Syn.: Himantoglossum caprinum subsp. rumelicum H.Baumann & R.Lorenz): Sie kommt von Tschechien bis Israel vor.[4]
  • Metlesics Mastorchis (Himantoglossum metlesicsianum (W.P.Teschner) P.Delforge, Syn.: Barlia metlesicsiana W.P.Teschner): Sie kommt auf La Palma und auf Teneriffa vor.[4]
  • Taurus-Riemenzunge (Himantoglossum montis-tauri Kreutz & W.Lüders): Sie kommt in der südwestlichen Türkei vor.[4]
  • Riesenknabenkraut (Himantoglossum robertianum (Loisel.) P.Delforge, Syn.: Barlia robertiana (Loisel.) Greuter, Orchis robertiana Loisel.): Sie kommt im Mittelmeerraum vor.[4]
  • Himantoglossum × samariense C.Alibertis & A.Alibertis = Himantoglossum jankae × Himantoglossum caprinum: Sie kommt auf Kreta vor.[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e Alec M. Pridgeon, Phillip Cribb, Mark W. Chase, Finn Rasmussen (Hrsg.): Genera Orchidacearum. Orchidoideae (Part one). Oxford University Press, New York und Oxford 2001, ISBN 0-19-850710-0, S. 279–284.
  2. Richard M. Bateman, Peter M. Hollingsworth, Jillian Preston, Luo Yi-Bo, Alec M. Pridgeon, Mark W. Chase: Molecular phylogenetics and evolution of Orchidinae and selected Habenariinae (Orchidaceae). In: Botanical Journal of the Linnean Society. Bd 142, Nr. 1, 2003, doi:10.1046/j.1095-8339.2003.00157.x.
  3. I.A. Karatzas: ×Comptoglossum agiasense, eine seltene Hybride von Lesvos. In: Journal Europäischer Orchideen 36(4) 2004, S. 951–956.
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p Rafaël Govaerts (Hrsg.): Himantoglossum - World Checklist of Selected Plant Families des Royal Botanic Gardens, Kew. Zuletzt eingesehen am 3. Dezember 2016.