Sprachpolitik
Die Sprachpolitik bezeichnet alle Maßnahmen und Regeln, mit der ein bestimmter Gebrauch von Sprache oder der Gebrauch von bestimmten Sprachen vorgeschrieben wird. Insbesondere Politiker können Sprachpolitik betreiben, daneben aber jede Institution oder Person, die solche Maßnahmen durchsetzen können.
Sprachpolitik ist in einem gewissen Grad notwendig, weil sie in einer komplexen Gesellschaft einheitliche Normen für Sprache vorgibt. Jeder individuelle Mensch und Kulturkreis hat aber eine enge Bindung an seine Sprache; eine Einmischung von aussen in diese Beziehung kann oft zerstörerisch wirken.
Bestimmter Gebrauch von Sprache
Sprachpolitik mischt sich in Wortschatz, Rechtschreibung und alle Bereiche der Grammatik einer Sprache ein (Normsprache). Sie legt zum Beispiel die Regeln für die Verschriftlichung fest (Rechtschreibreform). In vielen Ländern wird höfliche Sprache auch vom Gesetzgeber oder Arbeitgeber vorgeschrieben. In Deutschland sind Wörter, die strafbare Beleidigungen darstellen, nicht von der Empfindsamkeit des Beleidigten abhängig, sondern von der Aufnahme in einen bestimmten Katalog. (siehe auch politisch korrekt)
Gebrauch von bestimmten Sprachen
Noch tiefgreifender ist Sprachpolitik, die den Gebrauch einer bestimmten Sprache als Amtssprache, Schulsprache, Firmensprache oder Kirchensprache festlegt und damit automatisch den Gebrauch anderer Sprachen untersagt. Damit wird Menschen in bestimmten Situationen der Gebrauch der eigenen Muttersprache untersagt. Da Muttersprache eines der wichtigsten Elemente von Identitätsstiftung ist, individuell und kulturell, hat Sprachpolitik einen unmittelbaren Einfluss auf die Psyche des Einzelnen (Minderwertigkeitskomplex, weil die eigene Sprache nicht akzeptiert ist).
Wenn ganze Kulturkreise in ihrer Sprache bevorzugt oder benachteiligt werden, drohen reale Konflikte oder Kriege, so die Autonomiebestrebungen im Spanien der 70er Jahre der nicht-spanischsprachigen Gebiete. Während die Sowjetunion Russisch als dominierende Sprache den Randvölkern aufoktroyierte, kehren viele Nachfolgestaaten wie Estland oder Lettland diese Entwicklung um, indem sie den Gebrauch von Russisch stigmatisieren.
EU-Sprachpolitik
Die Europäische Union trägt dem weitreichenden Einfluss von Sprachpolitik formal Rechnung, indem sämtliche Amtssprachen der Mitgliedsländer auch Amtssprachen der EU sind. De facto betreibt die EU eine ganz andere Sprachpolitik: die meisten Amtsträger und Mitarbeiter verständigen sich heutzutage in Englisch. Wer kein Englisch oder das an den Sitzen der EU-Institutionen gebräuchliche Französisch spricht, wird benachteiligt.