Albert Ladenburg
Albert Ladenburg (geboren am 2. Juli 1842 in Mannheim; gestorben am 15. August 1911 in Breslau, Niederschlesien) war ein deutscher Chemiker.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ladenburg entstammte einer bekannten jüdischen Familie Mannheims und war der Sohn des Juristen und Nationalökonomen Leopold Ladenburg (1809–1889) und der Delphine Picard (1814–1882) aus Straßburg im Elsass. Sie war – wie Albert Ladenburg selbst – Enkelkind des Bankhausgründers Wolf Ladenburg. Delphine Picard war durch diese Generationsverschiebung also nicht nur Albert Ladenburgs Mutter, sondern zugleich auch seine Kusine.
Er heiratete am 19. September 1875 Margarethe Pringsheim (geboren am 14. Januar 1855; gestorben 1909), die Tochter des Botanikers und Pflanzenphysiologen Nathanael Pringsheim (1823–1894).
Sein Sohn war der Physiker Rudolf Ladenburg.
Albert Ladenburg war ein sehr guter Pianist, war mit Johannes Brahms befreundet und spielte vierhändig mit Clara Schumann. Das Elternhaus Pringsheim und das Chemische Institut in Breslau waren der Inbegriff moderner Bürgerlichkeit um die Jahrhundertwende.[1]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ladenburg studierte von 1858 bis 1860 Mathematik und moderne Sprachen an der Polytechnischen Schule Karlsruhe, danach bis 1861 Chemie und Physik in Heidelberg und schließlich 1862 Physik in Berlin. Er promovierte 1863 bei Robert Wilhelm Bunsen zum Dr. phil. in Heidelberg.[2]
In Gent hielt sich Ladenburg ab dem Frühjahr 1865 ein halbes Jahr bei Kekulé auf, der ihn mit der Strukturchemie vertraut machte. Danach arbeitete er 18 Monate lang in Paris gemeinsam mit Charles Friedel über siliziumorganische Verbindungen und danach allein weiter über zinnorganische Verbindungen.[1]
1867 kehrte er nach Heidelberg zurück, wo er im darauf folgenden Jahr durch seine bis dahin vorgelegten Arbeiten habilitiert wurde. Bunsen, der während seiner Heidelberger Studienzeit sein Lehrer war, gewährte ihm dies ohne besondere Habilitationsschrift.[3] Ladenburg wurde am 8. Januar 1868 Privatdozent und am 30. März 1872 wurde er zum außerordentlichen Professor in Heidelberg ernannt.
Am 25. Oktober 1872 wurde er an die Universität Kiel zum ordentlichen Professor der Chemie und Direktor des neuen Chemischen Laboratoriums berufen. Heute ist dort nach ihm der „Ladenburg-Saal“ benannt. Am 1. Oktober 1889 ging Ladenburg an die Universität Breslau. Der spätere Journalist und Chefredakteur Hugo Reinhart besuchte bei ihm Vorlesungen.[4] Am 1. Oktober 1909 musste Ladenburg seine Lehrtätigkeit wegen Krankheit aufgeben. 1900 gründete er die Chemische Gesellschaft Breslau, die er bis 1910 leitete.[1] Sein Vortrag Über den Einfluss der Naturwissenschaften auf die Weltanschauung, gehalten auf der 75. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte am 21. September 1903 in Kassel und veröffentlicht in Leipzig im selben Jahr, wurde viel besprochen.[5]
Wissenschaftliches Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ladenburg war gemeinsam mit Kekulé an der Diskussion zur Aufklärung der Strukturformel des Benzols beteiligt. Seine Vorstellung eines prismatischen Moleküls waren zwar falsch, doch die von ihm vorgeschlagene Struktur des „Ladenburg-Benzols“ konnte 1973 als Prisman synthetisiert werden:
Ladenburg ermittelte 1879 die Konstitution des Atropins und synthetisierte racemisches Coniin im Jahre 1886, was die erste Totalsynthese eines Alkaloids darstellte und daher unter dem Namen Ladenburg-Synthese[6] in die Geschichte einging.[7] Darüber hinaus gelang ihm die Synthese von Piperidin (1884) und Piperazin (1888).[8]
Ehrungen und Mitgliedschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ernennung zum auswärtigen Mitglied der Chemical Society of London[9]
- Ernennung zum Ehrenmitglied der Chemical Society of London
- 1880 Mitglied der Leopoldina
- 1884: Ernennung zum Ehrendoktor der Medizin an der Universität Bern[10]
- 1905: Verleihung der Davy-Medaille für seine Forschungen auf dem Gebiet der organischen Chemie, insbesondere der Synthese natürlicher Alkaloide[11]
- 1907: Wahl zum Vizepräsidenten der Deutschen chemischen Gesellschaft[10]
- 1909: Ernennung zum korrespondierenden Mitglied der Académie des sciences in Paris[3]
- 1910: Wahl zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin[12]
- Namensgeber: Phillips-Ladenburg-Benzimidazol-Synthese
Bibliografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lebenserinnerungen. Breslau 1912.
- Mit Margarete Ladenburg (Übersetzung und Hg.), Berthelot und L. Pean de Saint-Gilles: Untersuchungen uber die Affinitaten. Über Bildung und Zersetzung der Äther. Verlag W. Engelmann, Leipzig 1910.
- Albert Ladenburg (Hg.), August Kekulé: Über die Konstitution und die Metamorphosen der chemischen Verbindungen und über die chemische Natur des Kohlenstoffs. Untersuchungen über aromatische Verbindungen. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1904.
- Mit Margarete Ladenburg (Übersetzung und Hg.), Louis Pasteur: Über die Asymmetrie bei natürlich vorkommenden organischen Verbindungen. Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig 1907.
- Mit Margarete Ladenburg (Übersetzung mit Anmerkungen und Hg.), Karl Adolph Wurtz: Abhandlung über die Glycole oder zweiatomige Alkohole und über das Aethylenoxyd als Bindeglied zwischen organischer und Mineralchemie. Verlag W. Engelmann, Leipzig 1909.
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Vorträge über die Entwicklungsgeschichte der Chemie in den letzten hundert Jahren. Vieweg, Braunschweig 1869. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Albert Ladenburg: Handwörterbuch der Chemie. Verlag von Eduard Trewendt, Breslau 1896.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Aleksander Sztejnberg: Albert Ladenburg (1842-1911) – The Distinguished German Chemist and Historian of Chemistry of the Second Half of the XIX Century (To the 110th Anniversary of His Death). In: Substantia 5(2) 2021, S. 153–164, online doi:10.36253/Substantia-1231
- Hans-Erhard Lessing: Delphine Ladenburg, Karl Gutzkow und die Draisens – Eine Mannheimer Begebenheit mit Folgen. In: Mannheimer Geschichtsblätter 15, 2008, ISSN 0948-2784, S. 6–21.
- Hans-Erhard Lessing: Mannheimer Pioniere. Wellhöfer-Verlag, Mannheim 2007, ISBN 978-3-939540-13-7.
- Florian Waldeck: Ladenburg. In: Florian Waldeck: Alte Mannheimer Familien. Selbstverlag Buchdruckerei Max Hahn & Co., Mannheim 1920, (Schriften der Familiengeschichtlichen Vereinigung Mannheim 1, ZDB-ID 1447695-2), (Auch Nachdruck: Gesellschaft der Freunde Mannheims, Mannheim 1987).
- Leopold Ladenburg: Stammtafel der Familie Ladenburg. Verlag J. Ph. Walther, Mannheim 1882.
- Claus Priesner: Ladenburg, Albert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 390 f. (Digitalisat).
- F.S. Kipping: Ladenburg Memorial Lecture. In: Journal of the Chemical Society 2, 273–297, 1914.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Albert Ladenburg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- „Skandal“ auf der Kasseler Naturforscherversammlung (1. September 1903)
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Fred Ludwig Sepaintner (Hrsg.): Badische Biographien: Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg – Neue Folge Band V. 168-170, 2005.
- ↑ Informationen zu und akademischer Stammbaum von Albert Ladenburg bei academictree.org, abgerufen am 25. Februar 2018.
- ↑ a b Priesner, Claus: ‘‘Ladenburg, Albert‘‘, in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 390–391.
- ↑ Lebenslauf von Hugo Reinhart. In: (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Breslau) Ueber den feineren Bau einiger Nephthyiden. „Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Hohen philosophischen Fakultät der Königl. Universität Breslau "eingereicht und mit ihrer Genehmigung veröffentlicht von Hugo Reinhart aus Breslau“, Verlag Gustav Fischer, Jena 1907, Anhang.
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon. Sechste Auflage. Zwölfter Band. Stichwort: Ladenburg, Albert, S. 27; Reprint: Verlag Forgotten Books, 2018, ISBN 978-0-484-96921-5
- ↑ Eintrag zu Ladenburg-Synthese. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Januar 2014.
- ↑ Manfred Hesse: ‘‘Alkaloide: Fluch oder Segen der Natur?‘‘. Zürich: Wiley-VCH, 2000. ISBN 3-906390-19-5.
- ↑ ‘‘Online-Ausgabe: Lexikon der Naturwissenschaftler‘‘. Berlin: Directmedia Publ., 2003. Personenlexikon: „Ladenburg, Albert“.
- ↑ A. Albert Baker, Jr: „Ladenburg, Albert“, Complete Dictionary of Scientific Biography, Vol. 7. Detroit: Charles Scribner's Sons, 2008. 551-552. ‘‘Gale Virtual Reference Library‘‘, abgerufen am 19. Januar 2014.
- ↑ a b W. Herz: Albert Ladenburg. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 45, 1912, S. 3597–3644, doi:10.1002/cber.191204503118.
- ↑ Henry Monmouth Smith: ’’Torchbearers of Chemistry: Portraits and Brief Biographies of Scientists who Have Contributed to the Making of Modern Chemistry‘‘. New York: Academic Press 1949.
- ↑ Mitglieder der Vorgängerakademien. Albert Ladenburg. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 20. April 2015.
Personendaten | |
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NAME | Ladenburg, Albert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Chemiker |
GEBURTSDATUM | 2. Juli 1842 |
GEBURTSORT | Mannheim |
STERBEDATUM | 15. August 1911 |
STERBEORT | Breslau, Niederschlesien |
- Chemiker (19. Jahrhundert)
- Chemiker (20. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (Universität Breslau)
- Hochschullehrer (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel)
- Hochschullehrer (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg)
- Mitglied der Familie Ladenburg
- Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Person des Judentums (Heidelberg)
- Ehrenmitglied des Physikalischen Vereins
- Auswärtiges Mitglied der Royal Society
- Mitglied der Leopoldina (19. Jahrhundert)
- Korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences
- Person (Mannheim)
- Deutscher
- Geboren 1842
- Gestorben 1911
- Mann