Benedikt von Aniane

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Statue Benedikt von Aniane in der Klosterkirche von Aniane

Benedikt von Aniane (* vor 750 in Südfrankreich als Witiza; † 11. Februar 821 in Kornelimünster bei Aachen) war ein Reformabt, der 817 alle Klöster des fränkischen Reiches der Benediktinerregel unterstellte.

Witiza leistete unter Pippin dem Jüngeren und Karl dem Großen Militärdienst. Auf dem ersten Feldzug Karls des Großen gegen den Langobardenkönig Aistulf musste er zusehen, wie sein Bruder ertrank. Nach diesem Erlebnis trat er im Jahr 773 oder 774 in das Kloster St. Seine bei Dijon ein und nahm den Ordensnamen Benedikt an (nach seinem Vorbild Benedikt von Nursia). Im Jahr 782 kehrte er in seine südfranzösische Heimat zurück und gründete dort das Kloster St. Sauveur in der Gemeinde Aniane. Im Süden des Frankenreichs regierte damals Ludwig der Fromme als Unterkönig, mit dem Benedikt eng zusammenarbeitete. Als Ludwig Nachfolger seines Vaters Karls des Großen als Kaiser des fränkischen Reichs wurde, nahm er Benedikt mit an die Aachener Königspfalz. Gemeinsam setzten Benedikt und Ludwig in den Folgejahren das von Karl dem Großen begonnene Werk fort, die Mönche vereinheitlicht unter der Regula Benedicti in die Reichskirche einzugliedern. Das Aachener Konzil (816–819) schrieb die Regel und eine von Benedikt verfasste Consuetudo, das Capitulare monasticum, als alleinverbindliche Mönchsregel fest. Daneben entschied das Konzil auch die deutliche Trennung zwischen Mönch und Kanoniker.

Diese Entscheidungen waren die entscheidende Grundlage für die spätere Form und Bedeutung der benediktinischen Orden. Um zu demonstrieren, dass die Reform keinen Bruch mit der monastischen Tradition darstelle, veranlasste Benedikt zwei Sammlungen, erstens den Codex regularum, eine umfangreiche Sammlung von Mönchsregeln und regelartigen Texten, darunter die Vita des Pachomios,[1] zweitens die Concordia regularum, eine thematisch geordnete synoptische Anordnung der Bestimmungen der verschiedenen Regeln.[2]

Mit Unterstützung Ludwigs des Frommen gründete Benedikt in den Jahren 816/817 die Abtei Inda (später Reichsabtei Kornelimünster). Sie sollte als eine Art Musterkloster im Sinne der von Benedikt von Nursia aufgestellten Regeln und Reformen fungieren.[3] Benedikt von Aniane verstarb in der Abtei in Kornelimünster am 11. Februar 821.

Auf Bitten Indener Mönche verfasste Ardo Smaragdus († 843) die Vita Benedicti, die angesichts einer dürftigen Quellenlage trotz hagiographischer Topoi eine unverzichtbare Quelle darstellt.[4] Im 18. Jahrhundert wurde dem Kloster Kornelimünster das Privileg gewährt, einen Gedenktag (mit Hl. Messe) zu Ehren des Benedikt jährlich zu feiern. Unter Abt Hyacinth von Suys († 1745) wurde vergebens nach einem Grab des Benedikt durch Ausgrabungen im Umfeld der Klosterkirche gesucht. Von 1888 bis 1902 fanden weitere, teils ausführliche, Grabungen statt, aber sie blieben ergebnislos.[5]

Historische Bedeutung

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Umstritten ist in der Forschung, welche Bedeutung Benedikt von Aniane neben anderen Akteuren für die monastische Reform der karolingischen Renaissance zukommt. Zuletzt wurde diese stark relativiert und sogar die Verwendung des Begriffs „anianische Reform“ kritisiert.[6] Doch ist zu beachten, dass in Fulda noch um 840 Brun Candidus von Fulda in seiner Vita des Abtes Eigil umfangreiche Zitate aus dem Textkorpus des Benedikt von Aniane platziert und auf die Reform des Klosters durch Mönche „aus dem Westen“ hinweist, das als Zeugnis für ein anhaltendes Reformbewusstsein zu werten ist.[7]

  • Friedrich Wilhelm BautzBenedikt von Aniane. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 493–494.
  • Pius Engelbert: Benedikt von Aniane und die karolingische Reichsidee. In: Studia Anselmiana. Band 103, 1990, ZDB-ID 423829-1, S. 67–103.
  • Pius Engelbert (Hrsg. und Kommentar): Der Codex regularum des Benedikt von Aniane. Faksimile der Handschrift Clm 28118 der Bayerischen Staatsbibliothek München. EOS Verlag, Sankt Ottilien 2016, ISBN 978-3-8306-7757-4.
  • Dieter Geuenich: Anmerkungen zur sogenannten „anianischen Reform“. In: Dieter Bauer u. a. (Hrsg.): Mönchtum, Kirche, Herrschaft 750–1000. Festschrift für Josef Semmler zum 65. Geburtstag. Thorbeck, Sigmaringen 1998, S. 99–112 (mgh-bibliothek.de [PDF; 837 kB]).
  • Dieter Geuenich: Gebetsgedenken und anianische Reform. Beobachtungen zu den Verbrüderungsbeziehungen der Äbte im Reich Ludwigs des Frommen. In: Raymund Kottje, Helmut Maurer (Hrsg.): Monastische Reformen im 9. und 10. Jahrhundert (= Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte [Hrsg.]: Vorträge und Forschungen. Band 38). Thorbecke, Sigmaringen 1989, ISBN 3-7995-6638-4, S. 79–106.
  • Walter Kettemann: Subsidia Anianensia. Überlieferungs- und textgeschichtliche Untersuchungen zur Geschichte Witiza-Benedikts, seines Klosters Aniane und zur sogenannten „anianischen Reform“. Mit kommentierten Editionen der ‚Vita Benedicti Anianensis‘, ‚Notitia de servitio monasteriorum‘, des ‚Chronicon Moissiacense/Anianense‘ sowie zweier Lokaltraditionen aus Aniane. Duisburg, Univ., Diss., 2000, DNB 1019186690; Online: 2008, urn:nbn:de:hbz:464-20080509-172902-8.
  • Raymund Kottje: Einheit und Vielfalt des kirchlichen Lebens in der Karolingerzeit. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte. Band 76, 1965, S. 323–342.
  • Thomas Richter, Oliver Kaftan (Hrsg.): Traditio legis: Schlaglichter auf 1200 Jahre Rezeptionsgeschichte der Gestalt des Benedikt von Aniane (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige Ergänzungsband 56). EOS, Sankt Ottilien 2022, ISBN 978-3-8306-8121-2
  • Josef Semmler: Reichsidee und kirchliche Gesetzgebung bei Ludwig dem Frommen. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte. Band 71, 1960, S. 37–65.
  • Josef Semmler: Die Beschlüsse des Aachener Reformkonzils im Jahre 816. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte. Band 74, 1963, S. 15–82.
  • Josef Semmler, Heinrich Bacht: Benedikt von Aniane. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 1. Artemis & Winkler, München/Zürich 1980, ISBN 3-7608-8901-8, Sp. 1864–1866.
  • Josef Semmler: Benedictus II. Una regula – una consuetudo. In: Willem Lourdaux, Daniel Verhelst (Hrsg.): Benedictine Culture 750–1050 (= Mediaevalia lovaniensia. Series 1. Studia 11). Leuven University Press, Leuven 1983, ISBN 90-6186-144-6, S. 1–49 (Scan in der Google-Buchsuche).
  • Jürgen Sydow: Benedikt von Aniane. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 43 f. (Digitalisat).

Einzelnachweise

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  1. Edition von Lukas Holste, Rom 1661, auch in: Migne Patrologia latina. Band 103, Sp. 393–702.
  2. Ed. von Pierre Bonnerue: Benedictus. Concordia regularum (= Corpus Christianorum Continuatio Mediaevalis 168; 168A). Band 1–2. Brepols, Turnhout 1999 (1. Ausgabe von Hugues Menard, Paris 1638, auch in: Migne Patrologia latina. Band 103, Sp. 713–1380). Vgl. zu beiden Sammlungen Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil des Brun Candidus (= Fuldaer Hochschulschriften. Band 17). Knecht, Frankfurt a. M. 1992, ISBN 3-7820-0649-6, S. 42–44; Walter Kettemann: Subsidia Anianensia, passim (s. Literatur).
  3. Paul Fabianek: Folgen der Säkularisierung für die Klöster im Rheinland. Am Beispiel der Klöster Schwarzenbroich und Kornelimünster. Verlag BoD, Norderstedt 2012, ISBN 978-3-8482-1795-3, S. 27.
  4. Gerhard Schmitz: Vita sancti Benedicti Anianensis et Indensis abbatis. Vorbemerkung. In: rotula.de, abgerufen am 19. Februar 2020. –
    Ardo Smaragdus. In: newadvent.org, Kevin Knight, 2017, abgerufen am 19. Februar 2020.
  5. Frank Pohle: Auf der Suche nach dem Grab Benedikt von Anianes. In: Thomas Richter, Oliver Kaftan (Hrsg.): Traditio legis: Schlaglichter auf 1200 Jahre Rezeptionsgeschichte der Gestalt des Benedikt von Aniane (= Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige Ergänzungsband). Nr. 56. EOS, Sankt Ottilien 2022, ISBN 978-3-8306-8121-2, S. 210–222.
  6. Vgl. Dieter Geuenich: Anmerkungen zur sogenannten „anianischen Reform“ (s. Literatur); Walter Kettemann: Subsidia Anianensia. S. 1–32; S. 41–51; S. 334–338 (s. Literatur).
  7. Vgl. Gereon Becht-Jördens: Die Vita Aegil des Brun Candidus (= Fuldaer Hochschulschriften. Band 17). Knecht, Frankfurt a. M. 1992, ISBN 3-7820-0649-6, S. 44–48.