Georg Klemperer
Georg David Klemperer (geboren am 10. Mai 1865 in Landsberg/Warthe[1]; gestorben am 25. Dezember 1946 in Boston) war ein deutscher Internist.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Georg Klemperer war der zweite Sohn des Reformrabbiners Wilhelm Klemperer und hatte acht Geschwister, vier Schwestern und vier Brüder. Sein älterer Bruder, erstes Kind seiner Eltern, Berthold (1864–1868), starb im Alter von 4 Jahren an „Scharlachfieber“.[2] Seine jüngeren Brüder waren der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Victor Klemperer, der Mediziner Felix Klemperer und der Rechtsanwalt und Notar Emanuel Berthold Klemperer (1871–1931). Der Dirigent Otto Klemperer (1885–1973) war sein Cousin.
Bereits mit 17 Jahren, 1882, begann Georg Klemperer in Breslau mit dem Medizinstudium, das er in Halle bis zum Physikum und ab 1884 an der Friedrich-Wilhelms-Universität (heute:Humboldt-Universität) fortsetzte.[3] Von 1887 bis 1896 war er Assistent bei Ernst Viktor von Leyden, er habilitierte sich 1889 an der I. Medizinischen Klinik der Charité und wurde 1906 Chefarzt im Krankenhaus Moabit. Er war maßgeblich am überregionalen Ruf dieses Krankenhauses beteiligt. 1922 und 1923 wurde er von der sowjetischen Regierung mehrfach nach Moskau gerufen, um Lenin zu behandeln.[4][5] Er wies auf die große Bedeutung einer adäquaten Ernährung bei der Behandlung von Krankheiten hin und beschäftigte sich auch mit Hypnose und Naturheilkunde. Sein Lehrbuch Grundriss der Klinischen Diagnostik erschien bis 1931 in 26 Auflagen. Zusammen mit seinem Bruder Felix gab er das mehrbändige Werk Neue deutsche Klinik: Handwörterbuch der praktischen Medizin mit besonderer Berücksichtigung der inneren Medizin, der Kinderheilkunde und ihrer Grenzgebiete heraus. Über Jahrzehnte prägte er die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin, der er zum 50. Gründungstag eine umfangreiche geschichtliche Abhandlung widmete.[6] Klemperer gehörte zu den ersten Mitgliedern der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.[7]
Im März 1895 schlossen Georg Klemperer und Maria Umber, Schwester des Mediziners Friedrich Umber, in Wiesbaden die Ehe.[1] Das Paar hatte fünf Söhne und eine Tochter. Der erstgeborene Sohn und die einzige Tochter verstarben im Kindesalter.[8][9]
Am 4. Mai 1933 wurde Georg Klemperer aufgrund seiner jüdischen Abstammung entlassen. Von 1934 bis 1936 lebten er und seine Frau in Freiburg/Breisgau.[10][11] 1936 floh das Paar zu den Söhnen in die USA.[12] Im Herbst 1937 verstarb Maria Klemperer mit 63 Jahren während eines Aufenthalts in Meran.[13]
Würdigung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie der Charité führte zu Ehren des Mediziners 2007 eine Georg Klemperer-Ehrenvorlesung ein[14][15], die seitdem im Allgemeinen zweijährlich stattfindet, seit 2016 organisiert durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin.
Die Ärztekammer Berlin vergibt seit 2007 die Georg-Klemperer-Ehrenmedaille an Persönlichkeiten, die sich um die Patientenversorgung in Berlin und das Ansehen der Ärzteschaft verdient gemacht haben.[16]
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Grundriss der Klinischen Diagnostik. August Hirschwald, Berlin 1890
- 1. Aufl. 1890 (Digitalisat),
- 2. Auflage 1890 (Digitalisat),
- 3. Auflage 1892 (Digitalisat),
- 4. Auflage 1893 (Digitalisat),
- 6. Auflage 1896 (Digitalisat),
- 8. Auflage 1899 (Digitalisat),
- 9. Auflage 1900 (Digitalisat),
- 10. Auflage 1902 (Digitalisat),
- 11. Auflage 1903 (Digitalisat),
- 12. Auflage 1905 (Digitalisat).
- Insgesamt 26 Auflagen von 1890 bis 1931.
- Nathan E. Brill und Samuel M. Brickner (Übersetzer). The elements of clinical diagnosis. New York 1898 (1. amerikanische nach der 7. deutschen Ausgabe) (Digitalisat), 1899 (2. amerikanische nach der 7. deutschen Ausgabe) (Digitalisat)
- Russische Übersetzung : Osnovy kliničeskoi diagnostiki G. Klemperera. S.-Peterburg : K.L. Rikker 1891 (Digitalisat)
- Über den Stoffwechsel und das Coma der Krebskranken. Mit Bemerkungen über das Coma diabeticum. Berliner klinische Wochenschrift, 1889, No 40 (Digitalisat)
- Justus von Liebig und die Medicin. Vortrag gehalten am 22. September 1899. Verlag August Hirschwald, Berlin 1900.
- Lehrbuch der Inneren Medizin für Ärzte und Studierende. Band I. August Hirschwald, Berlin 1905 (Digitalisat)
- Der jetzige Stand der Krebsforschung. August Hirschwald, Berlin 1912 (Digitalisat)
- Grundriss der klinischen Therapie innerer Krankheiten. Urban & Schwarzenberg, Berlin 1922
- 1. Aufl. 1922 [georg-klemperer.-grundriss-der-klinischen-therapie-innerer-krankheiten.-1.-aufl. (Digitalisat)]
- 2. Aufl. 1924 [georg-klemperer.-grundriss-der-klinischen-therapie-innerer-krankheiten.-2.-aufl. (Digitalisat)]
- als Hrsg. mit Felix Klemperer: Neue Deutsche Klinik, Handwörterbuch. 10 Bände. Urban und Schwarzenberg, Berlin/Wien 1928–1935.
- mit Eugen Rost: Handbuch der allgemeinen und speziellen Arzneiverordnungslehre für Ärzte. Springer, 1929.
- 50 Jahre Kongreß für Innere Medizin, 1882–1932. München 1932.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Nachruf auf Georg Klemperer. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift, 72. Jg. (1947), S. 362–363.
- Manfred Stürzbecher: Klemperer, Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 34 (Digitalisat).
- Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,1. München : Saur, 1983, ISBN 3-598-10089-2, S. 630
- Ulrike Wolf: Leben und Wirken des Berliner Internisten Georg Klemperer (1865–1946). Shaker Verlag, Aachen 2003, ISBN 3-8322-1283-3.
- Anke Schlicht: Georg Klemperer – ein sehr fortschrittlicher Gründervater. In: Arzneiverordnung in der Praxis. Band 34, Ausgabe 4, Oktober 2007, S. 117–119.
- Rosemarie Stein: Ein vorbildlicher Berliner Arzt: Georg Klemperer. In: Ärztekammer Berlin (Hrsg.): Berliner Ärzte. Band 3, 2007, ISSN 0939-5784, S. 14–22 (berliner-aerzte.net [PDF; 2,6 MB; abgerufen am 4. September 2020]). Abrufbar unter Titelbilder, Titelthemen und Heftinhalte. Ärztekammer Berlin (siehe Heft „Mrz 2007“).
- Ralf Forsbach/Hans-Georg Hofer, Internisten in Diktatur und junger Demokratie. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin 1933–1970, Berlin 2018, S. 199–202.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Georg Klemperer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gedenken und Erinnern der DGIM
- Website über Georg Klemperer
Markus Gumpel Klemperer um 1750–1803 oo Belle Schak[anm 1] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Feiwel Nechemia Markus Gumpel Klemperer 1775–1847 oo Sara Barbara Popper * 1790[anm 2] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Abraham Klemperer 1809–1887 Rabbiner oo Rachel Leipen 1814–1882[anm 2][anm 3] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wilhelm Klemperer 1839–1912 Rabbiner oo Henriette Franke[anm 2] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Georg Klemperer 1865–1946 Arzt oo Maria Umber 1873–1937[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Friedrich 1895–1899[anm 4][anm 5] | Otto 1899–1987 Physiker[anm 4] | Maria 1902–1907[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||
Hans 1904–1974[anm 4] | Friedrich 1909–2002[anm 4][anm 5] | Georg 1911–1965[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||
Felix Klemperer 1866–1932 Arzt oo Elisabeth Goldschmidt[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ilse, verh. Student[anm 4] | Kurt[anm 4] | Wolfgang 1913–1979[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||
Margarethe, verh. Riesenfeld 1867–1942 oo Eduard Riesenfeld[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Eberhard 1897–1916[anm 4] | Hedwig[anm 4] | ||||||||||||||||||||||||||||||
Hedwig, verh. Machol 1870–1893 oo Hermann Machol[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Heinz 1893–1943[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Berthold 1871–1931 oo Anna, geb. Schott 1885–1963[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Georg * 1918[anm 4] | Peter * 1928[anm 4] | ||||||||||||||||||||||||||||||
Martha, verh. Jelski 1873–1954 oo Julius Jelski 1867–1953 Rabbiner[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Walter 1903–1958[anm 4][anm 6] | Lilly, verh. de Gandolfo 1909–2007[anm 4][anm 6] | Wilhelm 1912–1994[anm 4][anm 6] | |||||||||||||||||||||||||||||
Valeska, verh. Sußmann 1877–1936 oo Martin Sußmann[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Lotte[anm 4] | Hilde, verh. Jonson[anm 4] | Käthe[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||
Victor Klemperer 1881–1960 oo Eva, geb. Schlemmer 1882–1951 oo Hadwig, geb. Kirchner 1926–2010[anm 4] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Nathan Klemperer 1847–1924 oo Ida Nathan 1849–1923[anm 2][anm 3] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Otto Nossan Klemperer 1885–1973 Dirigent oo Johanna Geisler[anm 2] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Werner Klemperer 1920–2000 Schauspieler, Musiker[anm 7] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Lotte Klemperer 1928–2003[anm 7] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Juda Markus Klemperer * 1783 oo Judith Jeiteles * 1788[anm 1][anm 8] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Guttmann Gumpel Klemperer 1815–1884 Rabbiner oo Julie Bunzl-Federn 1822–1912[anm 1][anm 9] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Alois Klemperer 1846–1910 oo Eugenie Jenny Ippen 1860–1933[anm 10] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Paul Klemperer 1887–1964 Pathologe oo Margit Freund 1899–1992[anm 10][anm 11][anm 12][anm 13] | |||||||||||||||||||||||||||||||
William A. Klemperer 1927–2017 Chemiker oo Elizabeth Cole[anm 10] | |||||||||||||||||||||||||||||||
Anmerkungen
[Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Markus Gumpel Klemperer bei gw.geneanet.org. Abgerufen am 17. April 2022.
- ↑ a b c d e Feiwel Nechemia Markus Gumpel Klemperer bei gw.geneanet.org. Abgerufen am 17. April 2022.
- ↑ a b Abraham Klemperer bei familysearch.org. Abgerufen am 18. April 2022.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab Victor Klemperer: Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum, Aufbau-Verlag, ISBN 3-351-02391-X, S. 786, 787
- ↑ a b Georg Klemperer bei familysearch.org. Abgerufen am 18. April 2022.
- ↑ a b c Martha Klemperer bei familysearch.org. Abgerufen am 18. April 2022.
- ↑ a b Peter Heyworth: Otto Klemperer. His Life and Times. Volume 2: 1933–1973. Cambridge University Press, Cambridge 1996, ISBN 0-521-24488-9, S. 22–48.
- ↑ Juda Markus Klemperer bei familysearch.org. Abgerufen am 18. April 2022.
- ↑ Gutmann Klemperer bei familysearch.org. Abgerufen am 18. April 2022.
- ↑ a b c Rabbi Guttmann Gumpel Klemperer bei gw.geneanet.org. Abgerufen am 17. April 2022.
- ↑ Margit Klemperer, Naturalization bei ancestry.com. Abgerufen am 19. April 2022.
- ↑ Margit Klemperer, Naturalization bei ancestry.com. Abgerufen am 19. April 2022.
- ↑ Margit Klemperer, Tod bei ancestry.com. Abgerufen am 19. April 2022.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Hessisches Staatsarchiv, Standesamt Wiesbaden, Heiratsnebenregister 1895, S. 238
- ↑ GSta PK; X, HA, Rep.4 B Nr. 427 (Jahre 1862–1873) S. 187
- ↑ Rosemarie Stein: Ein vorbildlicher Berliner Arzt: Georg Klemperer. In: Ärztekammer Berlin (Hrsg.): Berliner Ärzte. Band 3, 2007, ISSN 0939-5784, S. 14–22 (berliner-aerzte.net [PDF; 2,6 MB; abgerufen am 4. September 2020]). Abrufbar unter Titelbilder, Titelthemen und Heftinhalte. Ärztekammer Berlin (siehe Heft „Mrz 2007“).
- ↑ Victor Klemperer: „Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten.“ Band 1: Tagebücher 1933–1945. Aufbau-Verlag Berlin 1995, ISBN 3-351-02340-5. S. 733, Anm. zu S. 266.
- ↑ Robert Service: Lenin. A Biography. Harvard University Press, Cambridge 2000, ISBN 0-674-00330-6. S. 443.
- ↑ Ralf Forsbach/Hans-Georg Hofer, Internisten in Diktatur und junger Demokratie. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin 1933–1970, Berlin 2018, S. 199–202.
- ↑ Müller-Oerlinghausen, Bruno: Die Arzneimittel-Kommission der deutschen Ärzteschaft; Im Spannungsfeld der Interessen von Ärzteschaft und Pharmazeutischer Industrie – eine Geschichte von Erfolgen und Niederlagen 1911–2010. (PDF) In: Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Abgerufen am 22. August 2020. (Siehe auch Anke Schlicht: Literatur)
- ↑ Landesarchiv Berlin; Berlin, Deutschland; Personenstandsregister Sterberegister; Laufendenummer: 52
- ↑ BS Overlijden met Marie Henriette Wilhelmine Klemperer. Abgerufen am 6. Juli 2023.
- ↑ Universitätsbibliothek Freiburg: Adressbücher der Stadt Freiburg. In: Freiburger historische Bestände – digital. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, abgerufen am 6. Juli 2023.
- ↑ Klemperer Online, edited by Walter Nowojski and Christian Löser. Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2019: 27 Januar. Abgerufen am 23. Juli 2024.
- ↑ Klemperer Online, edited by Walter Nowojski and Christian Löser. Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg: 10. Oktober 36, Sonnabend. Abgerufen am 23. Juli 2024.
- ↑ United States of America, District of Massachusetts, Boston, Declaration of Intention Nr. 276298 vom 28. Mai 1938
- ↑ Die 1. Georg Klemperer-Ehrenvorlesung auf der edi-Tagung 2007. Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Charité Campus Mitte, 23. Februar 2007, abgerufen am 10. September 2024.
- ↑ Pressemitteilungs-Archiv 03/2007. 20. Januar 2016, abgerufen am 10. September 2024.
- ↑ Die Georg-Klemperer-Ehrenmedaille. In: Ärztekammer Berlin. Abgerufen am 14. November 2018.
Personendaten | |
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NAME | Klemperer, Georg |
ALTERNATIVNAMEN | Klemperer, Georg David (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Internist |
GEBURTSDATUM | 10. Mai 1865 |
GEBURTSORT | Landsberg/Warthe |
STERBEDATUM | 25. Dezember 1946 |
STERBEORT | Boston |