Kieserit (Mineral)

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Kieserit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1967 s.p.[1]

IMA-Symbol

Ksr[2]

Andere Namen

Martinsit

Chemische Formel Mg[SO4]·H2O
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (und Verwandte)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/C.01
VI/C.01-010

7.CB.05
29.06.02.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[3]
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[4]
Gitterparameter a = 6,89 Å; b = 7,62 Å; c = 7,65 Å
β = 117,7°[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,571; berechnet: 2,571[5]
Spaltbarkeit vollkommen nach {110} und {111}; unvollkommen nach {111}, {101} und {011}[5]
Bruch; Tenazität uneben
Farbe farblos, weiß, hellgrau, hellgelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,520[6]
nβ = 1,533[6]
nγ = 1,584[6]
Doppelbrechung δ = 0,064[6]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 55° (gemessen); 56° (berechnet)[6]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten wasserlöslich, bitterer Geschmack

Kieserit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (und Verwandte, siehe Klassifikation)“. Er kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Mg[SO4]·H2O[4], ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges Magnesiumsulfat.

Kieserit entwickelt nur selten größere dipyramidale Kristalle. Meist findet er sich in Form von grob- bis feinkörnigen oder massigen bzw. derben Mineral-Aggregate. In reiner Form ist das Mineral farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann es aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine hellgraue oder hellgelbe Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde Kieserit bei Staßfurt im Sachsen-Anhalt und beschrieben 1861 durch Eduard Reichardt, der das Mineral nach Dietrich Georg von Kieser (1779–1862) benannte. Dieser war Professor, Mediziner und Psychiater an der Universität Jena.

Ein Gemenge aus 9,02 % wasserfreiem Bittersalz (= Magnesiumsulfat, MgSO4) und 90,98 % Kochsalz aus Staßfurt wurde von Carl Karsten 1845 als Martinsit bezeichnet.[7][8]

Kieserit war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und allgemein als eigenständige Mineralart anerkannt. 1967 wurde das von C. Prager 1923 erstbeschriebene Mineral Wathlingenit in einem zusammenfassenden Report diskreditiert, da es von Kunibert Friedrich, Robert Kühn und Hugo Strunz als identisch mit Kieserit erkannt wurde.[9] Da dies automatisch eine nachträgliche Ankerkennung von Kieserit bedeutete, wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1967 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kieserit Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate ohne fremde Anionen“, wo er die nach ihm benannte „Kieserit-Reihe“ mit der System-Nr. VI/C.01 und den weiteren Mitgliedern Bonattit, Gunningit, Poitevinit, Sanderit, Szmikit und Szomolnokit (auch Schmöllnitzit) bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/C.01-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „wasserhaltige Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo Kieserit zusammen mit Cobaltkieserit, Dwornikit, Gunningit, Poitevinit, Sanderit, Szmikit und Szomolnokit die „Kieserit-Gruppe“ (VI/C.01) bildet.[10]

Die seit 2001 gültige und von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Kieserit in die erweiterte Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“, dort allerdings ebenfalls in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) ohne zusätzliche Anionen, mit H2O“ ein. Diese ist jedoch weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es ebenfalls die nach ihm benannte „Kieserit-Gruppe“ mit der System-Nr. 7.CB.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kieserit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Kieserit-Gruppe (Monohydrate)“ mit der System-Nr. 29.06.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Säuren und Sulfate mit AXO4 × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

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Kieserit kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 6,89 Å; b = 7,62 Å; c = 7,65 Å und β = 117,7° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

In feuchter Luft nimmt Kieserit Wasser auf und wandelt sich in Epsomit um. Sein eigenes Kristallwasser gibt das Mineral erst beim Erhitzen auf über 200 °C ab.[12]

In Wasser ist Kieserit nur langsam löslich, als Pulver und mit etwas Wasser angerührt härtet er ähnlich aus wie Gips.[12]

Bildung und Fundorte

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Kieserit findet sich in marinen Salz-Lagerstätten und bildet namentlich im Abraumsalz des Staßfurter Steinsalzwerkes Bänke bis zu 30 cm Stärke. Des Weiteren ist Kieserit Bestandteil von kieseritischem Hartsalz. In seltenen Fällen bildet sich Kieserit auch durch Abscheidung aus vulkanischen Gasen. Als Begleitminerale treten unter anderem Anhydrit, Boracit, Carnallit, Coelestin, Epsomit, Halit, Leonit, Polyhalit und Sulfoborit auf.[5]

Als seltene Mineralbildung konnte Kieserit bisher nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 80 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2012).[13] Neben seiner Typlokalität Staßfurt trat das Mineral in Sachsen-Anhalt bisher noch in den Kaliwerken Rastenberg bei Billroda, Wilhelmshall bei Huy-Neinstedt, mehreren Kaliwerken im Landkreis Mansfeld-Südharz und im Salzlandkreis auf. Des Weiteren fand sich Kieserit in Deutschland noch in den Kaliwerken bei Neuhof, Wintershall und Hattorf bei Philippsthal in Hessen; in den Kali- und Steinsalzbergwerken Conow bei Ludwigslust, Jessenitz und Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern; in verschiedenen Kaliwerken in den Landkreisen Celle, Goslar, Göttingen, Hannover, Hildesheim, Lüchow-Dannenberg, Northeim, Peine und Salzgitter in Niedersachsen sowie bei Bleicherode, Ronneburg und Merkers in Thüringen.

In Österreich fand sich Kieserit bisher bei Hallstatt in Oberösterreich, bei Dürrnberg in Salzburg sowie in den Salzbergwerken bei Altaussee in der Steiermark.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Australien, Bulgarien, Kanada, Chile, China, Dänemark, Griechenland, Iran, Island, Italien, Kasachstan, im Libanon, in Mexiko, den Niederlanden, Nicaragua, Pakistan, Polen, Rumänien, Russland, der Slowakei, in Tschechien, Uganda, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, im Vereinigten Königreich (England) sowie in mehreren Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika.[13]

Auch auf dem Mars, genauer im Gebiet von Juventae Chasma nördlich des Valles Marineris in der Margaritifer Terra konnte Kieserit nachgewiesen werden.[14]

In der Medizin dient Kieserit wie auch andere wasserlösliche Sulfate (Bsp.: Mirabilit) als Abführmittel (Laxativum).

In der Landwirtschaft dient das Mineral als Rohstoff zur Herstellung von Kieserit-Dünger.

Commons: Kieserite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. David Barthelmy: Kieserite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 19. September 2021 (englisch).
  4. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 380 (englisch).
  5. a b c Kieserite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 68 kB; abgerufen am 19. September 2021]).
  6. a b c d e Kieserite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. September 2021 (englisch).
  7. Albert H. Chester: A dictionary of the names of minerals inluding their history and etymology. 1. Auflage. John Wiley & Sons, New York 1896, S. 168 (online verfügbar bei archive.org).
  8. Der Martinsit, ein im Steinsalzlager zu Stassfurth aufgefundenes Salz. In: Otto Linné Erdmann, Richard Felix Marchand (Hrsg.): Journal für praktische Chemie. Band 36. Verlag von Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1845, S. 127 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. H. Villarroel, N. Joel: International Mineralogical Association: Commission on new minerals and mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 36, Nr. 277, 1967, S. 131–136 (englisch, rruff.info [PDF; 210 kB; abgerufen am 20. Dezember 2020] Namen der Autoren siehe Übersicht des Mineralogical Magazine, Band 36).
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. a b Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 605 (Erstausgabe: 1891).
  13. a b Fundortliste für Kieserit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 19. September 2021.
  14. Locality Juventae Chasma, Valles Marineris, Mars. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. September 2021 (englisch).