Lehesten (Thüringer Wald)
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Koordinaten: | 50° 28′ N, 11° 27′ O | |
Bundesland: | Thüringen | |
Landkreis: | Saalfeld-Rudolstadt | |
Verwaltungsgemeinschaft: | Schiefergebirge | |
Höhe: | 640 m ü. NHN | |
Fläche: | 35,94 km2 | |
Einwohner: | 1555 (31. Dez. 2023)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 43 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 07349 | |
Vorwahlen: | 036653, 036652 (Brennersgrün) | |
Kfz-Kennzeichen: | SLF, RU | |
Gemeindeschlüssel: | 16 0 73 046 | |
Stadtgliederung: | 3 Ortsteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Obere Marktstraße 1 07349 Lehesten | |
Website: | www.lehesten.de | |
Bürgermeisterin: | Nicole Vockeroth (parteilos) | |
Lage der Stadt Lehesten im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt | ||
Lehesten ist eine Berg- und Schieferstadt im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen. Die Stadt gehört zur Verwaltungsgemeinschaft Schiefergebirge, die ihren Verwaltungssitz in der Gemeinde Probstzella hat. Lehesten hat ein geschlossenes Stadtbild. Die Häuser sind mit Schiefer verkleidet und gedeckt.
Geografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lehesten liegt im südöstlichen Teil des Thüringer Waldes, dem Thüringer Schiefergebirge, direkt am Rennsteig.
Nachbargemeinden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lehesten grenzt im Westen an Ludwigsstadt, im Süden an Teuschnitz, Reichenbach und Tschirn, im Osten an Wurzbach und im Norden an Probstzella.
Stadtgliederung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Stadt gehören die Ortsteile Brennersgrün, Röttersdorf und Schmiedebach mit der Siedlung Bärenstein.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die „Kantors-Insel“ ist eine mittelalterliche Burgstelle einen Kilometer nördlich von Lehesten, kurz vor dem Abzweig nach Schmiedebach. Am oberen Ausgang des Wiesentals hat sich ein kleiner Ringwall erhalten. Der Graben um diese Fläche ist erhalten und der Wall noch zu erkennen. Es war wohl ein Herrensitz.[2] Erstmals wurde Lehesten 1071 urkundlich erwähnt. Das Dorf gehörte im Mittelalter zur Benediktinerabtei Saalfeld. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich der Ort mit seiner Lage an der Straße von Kronach nach Pößneck zur Stadt. Ab 1651 ist ein aus einem Bürgermeister und drei Beisitzern bestehender Rat nachgewiesen.
Im Jahr 1911 wurde in Lehesten im Friedrichsbruch die Deutsche Fachschule für das Dachdeckerhandwerk gegründet.[3]
Im „Fröhlichen Tal“ beim heutigen Stadtteil Schmiedebach wurden im Zweiten Weltkrieg Triebwerke für die V2-Rakete von bis zu 1227 Kriegsgefangenen gebaut und getestet. Wenn Zwangsarbeiter durch die unmenschlichen Lebensbedingungen starben oder erkrankten, wurde die Belegung durch Neuzugänge aus dem KZ Buchenwald oder von Stammlagern aufgefüllt. Zu den 603 nachgewiesenen Todesopfern kamen mindestens tausend weitere Häftlinge, die in die KZ Bergen-Belsen und Dora-Mittelbau deportiert worden waren. Auf den Evakuierungsmärschen im April 1945 starben zahlreiche weitere Häftlinge. Seit 1956 erinnert an die Tragödie ein zuerst errichteter Gedenkstein und seit 1979 eine Gedenkstätte, die seit 1989 schrittweise umgebaut wurde.[4]
Zu einer Namensänderung kam es am 1. Mai 1992, als sich die Stadt von Lehesten/Thür. Wald in Lehesten umbenannte.
Zum 22. Januar 1994 wurde die Gemeinde Brennersgrün eingemeindet. Zum 6. April 1994 folgten die Gemeinden Schmiedebach und Röttersdorf.
Politik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stadtrat
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Rat der Stadt Lehesten besteht aus zwölf Gemeinderäten. Die Kommunalwahl am 26. Mai 2019 führte zu folgendem Ergebnis:[5]
Partei / Liste | Sitze | Stimmenanteil |
Bürgernah (BN) | 5 | 46,0 % |
Bürgerinitiative Lehesten (BI) | 4 | 30,1 % |
Alternative für Deutschland (AfD) | 1 | 11,5 % |
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) | 1 | 6,5 % |
Freie Wähler | 1 | 5,9 % |
Bürgermeister
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ehrenamtliche Bürgermeisterin Nicole Vockeroth wurde am 7. November 2021 gewählt und trat ihr Amt am 3. Februar 2022 an. Sie folgt auf René Bredow, der das Bürgermeisteramt seit 31. Januar 2016 innehatte und nicht wieder zur Wahl angetreten war.[6]
Wappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Blasonierung: „In Gold eine stilisierte bewurzelte grüne Tanne.“
Kultur und Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Museen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Technisches Denkmal Historischer Schieferbergbau / Schieferpark Lehesten
- KZ-Gedenkstätte Laura (Fröhliches Tal), Außenlager des KZ Buchenwald
Naturdenkmäler
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Etwa vier Kilometer südlich von Lehesten befindet sich der Wetzstein, der zweithöchste Berg des Frankenwaldes. Etwas unterhalb des Gipfels wurde in den Jahren 2000–2004 der Altvaterturm erbaut. Eine der alten Schiefergruben etwa einen Kilometer südlich von Lehesten im Naturschutzgebiet Staatsbruch ist mit Wasser vollgelaufen und bildet eine Badegelegenheit mit klarem und erfrischendem Wasser im Hochsommer, das durch die Schiefer erwärmt wird. Das Wasser sollte aufgrund des Alaungehaltes nicht getrunken werden.
Bauwerke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- In der Kirche St. Aegidien befindet sich im Vorraum die größte jemals in einem Stück gehauene Schiefertafel (308 × 253 cm).
- Im Schieferpark befindet sich Europas einziger erhaltener Pferdegöpel
Wirtschaft und Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bergbau und Gewerbe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wirtschaftliche Grundlage der Stadt war der ab Ende des 15. Jahrhunderts belegte Schieferabbau. Es existierten zwei große Schieferbrüche, der dem Herzogtum gehörende Herrschaftsbruch und der nach seinem Besitzer genannte Oertelsbruch. Die herzoglichen Schieferbrüche wurden Ende 1918 vom Freistaat Sachsen-Meiningen übernommen, bis sie 1920 in den Besitz des Landes Thüringen übergingen. Die Gewinnung wurde 1999 eingestellt. Die Lehestener Tagebaue gelten als die umfangreichsten des europäischen Festlandes und sind als Technisches Denkmal Historischer Schieferbergbau zugänglich.
In den Anfangsjahren der deutschen Teilung gab es die Besonderheit, dass in den Schiefergruben des Lehestener Reviers zeitweise auch bis etwa 300 Arbeiter aus den benachbarten Orten in Oberfranken beschäftigt waren, die überwiegend in D-Mark entlohnt wurden. Für den Berufsverkehr gab es eine Zeit lang eine Busverbindung über einen nahegelegenen Grenzübergang in der Nähe des Anwesens Ziegelhütte. Nach der weiteren Verschärfung des Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze im Zusammenhang mit dem Bau der Berliner Mauer, bot man den zu diesem Zeitpunkt noch verbliebenen 72 Beschäftigten eine Weiterbeschäftigung an unter der Bedingung, dass sie mit ihren Familien in die DDR übersiedelten. Dieses Angebot wurde von niemandem angenommen, so dass die Arbeitsverhältnisse Mitte September 1961 endeten.[7][8][9]
In der Folge der Schiefergewinnung entstand in Lehesten ein bedeutendes Dachdeckergewerbe mit der ältesten Dachdeckermeisterschule Deutschlands. Bis zum Bau der Eisenbahnstrecke nach Lehesten waren in der Stadt auch zahlreiche Fuhrunternehmen ansässig, deren überwiegendes Transportgut gleichfalls der Schiefer war (Schieferfuhrordnung von 1698).
Verkehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lehesten liegt an der Thüringisch-Fränkischen Schieferstraße.
Am 1. Dezember 1885 wurde durch die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen die 7,6 km lange Bahnstrecke Ludwigsstadt–Lehesten eröffnet. Da nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Strecke über die innerdeutsche Grenze zwischen Amerikanischer und Sowjetischer Besatzungszone verlief, wurde der Personenverkehr nicht mehr aufgenommen. Von 1947 bis 1951 gab es aber noch Güterverkehr zur Schieferabfuhr, bis am 11. Juli 1951 die Strecke durch die DDR endgültig geschlossen wurde.
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Oskar Bulle (1857–1917), Schriftsteller und Lexikograf
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Patze, Peter Aufgebauer (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 9: Thüringen (= Kröners Taschenausgabe. Band 313). 2., verbesserte und ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 1989, ISBN 3-520-31302-2.
- Henry Hatt: Ignorierte Geheimobjekte Hitlers. Kunstraubspuren in Bergwerken. Ein Buch zur Aufarbeitung der Geschehnisse in Thüringens Schieferbergwerken während des II. Weltkrieges. Hattenhauer, Ludwigsstadt 1995, ISBN 3-930988-00-3 (Lehesten wurde auch in Verbindung mit dem mutmaßlichen Versteck des Bernsteinzimmers bekannt).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Website der Stadt
- Chronik von 900 bis 1921
- Abschrift des Buches „Lehesten in der Vergangenheit“ von Sanitätsrat Dr. Peetz
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bevölkerung der Gemeinden vom Thüringer Landesamt für Statistik (Hilfe dazu).
- ↑ Michael Köhler: Thüringer Burgen und befestigte vor- und frühgeschichtliche Wohnplätze. Jenzig-Verlag Köhler, Jena 2001, ISBN 3-910141-43-9, S. 181.
- ↑ Auf zur Ausstellung Das Dach in Lehesten. In: Thüringerwaldverein (Hrsg.): Thüringer Monatsblätter. Band 44. Eisenach 1936, S. 97.
- ↑ Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. Band 8: Thüringen. VAS – Verlag für Akademische Schriften, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-88864-343-0, S. 235 f.
- ↑ Gemeinderatswahl 2019 in Thüringen – endgültiges Ergebnis Stadt Lehesten
- ↑ Nicole Vockeroth gewinnt die Bürgermeisterwahl in Lehesten. Ostthüringer Zeitung, 7. November 2021.
- ↑ Peter E. Fässler: Westarbeiter in der DDR (1949–1961). In: Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.): Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 49. Jahrgang, Nr. 4, 2001, S. 613–642 (Online [PDF; 1,3 MB; abgerufen am 13. Januar 2017]).
- ↑ Loch im Eisernen Vorhang. In: www.ludwigsstadt.de. 27. April 2011, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. Januar 2017; abgerufen am 28. August 2020.
- ↑ Steffi Mehlhorn, Joachim Dresdner: Rennsteig für Autos – Unterwegs auf der Thüringisch-Fränkischen Schieferstraße. In: Deutschlandfunk. 29. Juni 2008, abgerufen am 13. Januar 2017.