Lulesamische Sprache

west-samische Sprache

Die Lulesamische Sprache (julevsámegiella) ist eine uralische, west-samische Sprache, die vornehmlich in der Lule Lappmark – den schwedischen Gemeinden Jokkmokk und Gällivare – und im nördlichen Teil der Provinz Nordland in Norwegen, vor allem den Kommunen Hamarøy und Sørfold gesprochen wird. In Norwegen ist sie neben Nordsamisch und Südsamisch eine von drei offiziell anerkannten samischen Sprachen.[3] Lulesamisch verwendet wie die meisten samischen Sprachen das Lateinische Alphabet unter Hinzunahme von diakritischen Zeichen und Sonderbuchstaben.

Lulesamisch
(Julevsámegiella)

Gesprochen in

Schweden, Norwegen
Sprecher etwa 600 in Norwegen[1], etwa 500 in Schweden[2]
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-2

smj

ISO 639-3

smj

Die Verbreitung der samischen Sprachen mit Lulesamisch als Nummer 4

Lulesamisch gilt mit zwischen 650 und 1100 aktiven Sprechern als die nach dem Nordsamischen am weitesten verbreitete samische Sprache. In der Liste der gefährdeten Sprachen der UNESCO wird Lulesamisch als ernsthaft gefährdet eingestuft.[1] Allerdings lässt sich in den letzten Jahren ein steigendes Interesse an der Sprache beobachten, das sich unter anderem durch eine steigende Anzahl Schüler, die Lulesamisch als erste oder zweite Sprache in der Schule wählen, bemerkbar macht.[4] In Drag in der norwegischen Kommune Hamarøy befindet sich das Lulesamische Zentrum Árran, dessen Ziel die Erhaltung lulesamischer Sprache, Kultur und Tradition ist. Das Zentrum betreibt unter anderem ein Museum, ein Sprachzentrum, ein Zentrum für samisches Handwerk, Fernunterricht in lulesamischer Sprache und einen Kindergarten.[5]

Phonologie

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Konsonanten

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Labial Dental Alveolar Postalveolar Palatal Velar Glottal
Nasal m n ɲ ŋ
Plosiv /
Affrikate
stimmlos p t t͡s t͡ʃ k
stimmhaft b d d͡z d͡ʒ ɟ ɡ
Frikativ stimmlos f s ʃ h
stimmhaft v
Halbvokal j
Lateral l ʎ
Vibrant r
  • Verschlusslaute, die vor einem Nasal mit gleichem Artikulationsort stehen, werden grundsätzlich durch nasale Freigabe ausgesprochen, also ohne dass der Verschluss durch Mundöffnung freigegeben wird.
  • /v/ wird als labiodentaler Frikativ [v] zu Beginn einer Silbe (vor einem Vokal) und als Bilabial [w] am Ende der Silbe (in einem Konsonantencluster) gesprochen.

Im Lulesamischen gibt es folgende Vokale:

Kurze Vokale Lange Vokale Diphthonge
vorne hinten vorne hinten vorne hinten
geschlossen i u ie̯ uo̯
halboffen e o ea̯ oɑ̯
offen a
  • /ea̯/ kann als echter Diphthong oder als langer Monophthong gesprochen werden [ɛː].
  • Langes /eː/ und die Diphthonge /ea̯/ und /oɑ̯/ treten nur in betonten Silben auf.
  • Langes /iː/ und /uː/ sowie kurzes /e/ sind sehr selten. Sie treten ebenfalls nur in betonten Silben auf.
  • Kurzes /o/ und langes /oː/ treten in unbetonten Silben auf, aber nur, wenn die vorherige betonte Silbe /o/ enthält.

Konsonantenlänge und Stufenwechsel

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Konsonanten und Konsonantencluster, die nach einer betonten Silbe auftreten, können verschiedene Längen oder Quantitäten haben. Diese werden normalerweise als Quantität 1, 2 und 3 oder Q1, Q2 und Q3 bezeichnet. Die Konsonanten eines Wortes unterliegen einem sogenannten Stufenwechsel, in dem die Länge des Konsonanten von der jeweiligen grammatikalischen Form abhängt. Normalerweise ist eine dieser Formen die starke Stufe, während die anderen schwache Stufen sind. Die Konsonanten der schwachen Stufen sind normalerweise Q1 oder Q2, während die Konsonanten der starken Stufen normalerweise Q2 oder Q3 haben.

  • Quantität 1 beinhaltet alle einfachen Konsonanten.
  • Quantität 2 beinhaltet alle Kombinationen von zwei Konsonanten mit einem kurzen Konsonanten am Ende der vorhergehenden Silbe.
  • Quantität 3 beinhaltet alle Kombinationen von zwei Konsonanten mit einem langen Konsonanten am Ende der vorhergehenden Silbe.

In diesem und verwandten Artikeln werden Konsonanten, die Teil verschiedener Silben sind, mit zwei Konsonanten im IPA dargestellt, während die Verlängerung von Konsonanten in Q3 mit einem IPA Längenzeichen (ː) markiert sind.

Nicht alle Konsonanten treten in allen Quantitätsstufen auf. Es bestehen die folgenden Einschränkungen:

  • Einfaches /h/ existiert nur in Q1 und ändert sich nicht.
  • Einfaches /j/ existiert ebenfalls nur in Q1, alterniert jedoch mit /ɟ/.
  • Plosive und Affrikate treten nur in Q3 auf, mit der Ausnahme von /ɟ/, welches auch in Q2 auftreten kann.
  • /ʎ/ kommt in Q2 und Q3 vor, jedoch nicht in Q1.

Bei Konsonanten, die in allen drei Quantitäten auftreten, wird Q3 als überlang bezeichnet.

Phonologische Prozesse

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Umlaut ist ein Prozess, in dem sich ein Diphthong in einer betonten Silbe durch den Vokal in der folgenden Silbe verändert.

Die erste Art des Umlauts führt zu einem Wechsel zwischen /ea̯/ und /ie̯/ bei Wörtern, deren Stämme in unbetontem /ie̯/ enden. In diesem Fall können die beiden Diphthonge als Varianten voneinander angesehen werden. Bei Wörtern, deren Stämme auf einem anderen Vokal enden, bleiben diese Vokale eindeutig. Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Muster, die bei verschiedenen folgenden Vokalen auftreten:

zweiter Vokal uo̯ ie̯ a u i
Stamm endet auf /ie̯/ ea̯ ie̯ ea̯ ie̯
Stamm endet auf einen anderen Vokal ea̯ ea̯
Stamm endet auf einen anderen Vokal ie̯ ie̯

Die zweite Art des Umlauts, die „Diphthongvereinfachung“ oder „Monophthongisierung“, ähnelt dem Nordsamischen, funktioniert jedoch anders. Die Diphthonge /ea̯/ und /oɑ̯/ werden zu /eː/ beziehungsweise /oː/, wenn:

  • der Vokal der nächsten Silbe kurz ist und
  • der folgende Konsonant Q1 oder Q2 hat.

Die Diphthonge /ie̯/ und /uo̯/ sind davon nicht betroffen. Es kann auch ein umgekehrter Prozess auftreten, der lange Vokale in Diphthonge umwandelt, wenn der folgende Konsonant Q3 wird oder der Vokal der folgenden Silbe lang wird.

Die dritte Art des Umlauts, der progressive Umlaut, rundet die unbetonten Vokale /a/ und /aː/ zu /o/ beziehungsweise /oː/, wenn der vorhergehende betonte Vokal ein kurzes /o/ ist.

Verlängerung unbetonter Vokale

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Wenn eine betonte Silbe einen kurzen Vokal gefolgt von einem einfachen (Q1) Konsonanten enthält, wird ein kurzer Vokal in der folgenden Silbe verlängert.

  • dahkat ‚tun‘ ~ dagá (1. Person Singular Präsenz)
  • bådnjåt ‚drehen‘ ~ bånjå̄ (1. Person Singular Präsenz)

Dialekte

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Sammallahti[6] unterteilt das Lulesamische in folgende Dialekte:

Typisch für die nördlichen Dialekte ist die Rundung von langen /aː/ zu /oː/ nach /o/ in der ersten Silbe eines Wortes. Die südlichen Dialekte zeichnen sich durch das Umlauten von kurzen /a/ zu /e/ vor /i/ aus.

Orthographie

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Lulesamische Bildschirm­tastatur auf einem iPhone

Lulesamisch verwendet eine erweiterte Form des lateinischen Alphabets.

Buchstame Phonem(e) Anmerkungen
A a /a/
Á á /aː/
B b /p/, /b/
D d /t/, /d/
E e /eː/, /ie̯/ /ie̯/ wenn unbetont.
F f /f/
G g /k/, /ɡ/
H h /h/
I i /i/
J j /j/
K k /k/, /kʰ/ Aspiriert wenn am Anfang einer betonten Silbe.
L l /l/
M m /m/
N n /n/
Ŋ ŋ /ŋ/
O o /uo̯/ Nur unbetont.
P p /p/, /pʰ/ Aspiriert wenn am Anfang einer betonten Silbe.
R r /r/
S s /s/
T t /t/, /tʰ/ Aspiriert wenn am Anfang einer betonten Silbe.
U u /u/
V v /v/
Å å /o/, /oː/
Ä ä /ea̯/

Ursprünglich wurde der Buchstabe n-Akut (Ń/ń) genutzt, um den Laut [ŋ] darzustellen. Anstatt des n-Akut (Im Unicode vorhanden und auf mechanischen Schreibmaschinen mit Hilfe einer Tottaste eingebbar, aber nicht in Latin-1 oder traditionellen nordischen Tastaturen vorhanden), wurde häufig ñ oder ng genutzt. In modernen Texten, wie zum Beispiel offiziellen Dokumenten der schwedischen Regierung oder der 2007 erschienenen Übersetzung des Neuen Testaments,[7] wird der Laut wie in vielen anderen samischen Sprachen mit ŋ dargestellt.

Grammatik

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Lulesamisch hat sieben Fälle:

Nominativ

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Der Nominativ Singular ist wie in den anderen uralischen Sprachen unmarkiert und zeigt das Subjekt eines Satzes. Der Nominativ Plural ist ebenfalls unmarkiert und gleicht in seiner Form immer dem Genitiv Singular.

Der Genitiv Singular ist unmarkiert und gleicht dem Nominativ Plural. Der Genitiv Plural ist durch eine -j-Endung markiert. Der Genitiv wird verwendet

Akkusativ

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Der Akkusativ ist der Fall des direkten Objekts und wird durch -v im Singular und die Pluralmarkierung -j und die Endung -t markiert.

Der Inessiv wird durch die Endung -n im Singular und Plural (hier auf die Pluralmarkierung -j folgend) markiert. Er wird verwendet um anzuzeigen

  • wo sich ein Objekt befindet
  • wer ein Objekt besitzt

Der Illativ wird durch die Endung -j im Singular und durch die Pluralmarkierung -i und die Endung -da im Plural markiert. Er wird verwendet um anzuzeigen

  • wohin sich etwas bewegt
  • wer etwas erhält
  • was das indirekte Objekt ist

Der Elativ wird durch die Endung -s im Singular und Plural (hier auf die Pluralmarkierung -j folgend) markiert. Er wird verwendet, um den Ursprung eines Objekts anzuzeigen.

Komitativ

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Der Komitativ wird durch die Endung -jn im Singular und -j im Plural markiert, was bedeutet, dass er dem Genitiv Plural gleicht. Der Komitativ wird verwendet, um zu zeigen, mit wem oder was etwas getan wird.

Pronomen

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Die Personalpronomen gibt es in drei Formen, Singular, Plural und Dual. Die folgende Tabelle enthält die Personalpronomen im Nomativ und Genitiv/Akkusativ:

  Deutsch Nominativ Deutsch Genitiv
Erste Person (Singular) Ich mån mein muv
Zweite Person (Singular) Du dån dein, deine duv
Dritte Person (Singular) er, sie, es sån sein, ihr suv
Erste Person (Dual) wir (zwei) måj unser munnu
Zweite Person (Dual) ihr (zwei) dåj euer dunnu
Dritte Person (Dual) sie (zwei) såj ihr sunnu
Erste Person (Plural) wir mij unser mijá
Zweite Person (Plural) ihr dij euer dijá
Dritte Person (Plural) sie sij ihr sijá

Die folgende Tabelle zeigt die Deklination der Personalpronomen er/sie/es (ohne Unterscheidung nach Geschlecht) in den verschiedenen Fällen:

  Singular Dual Plural
Nominativ sån såj sij
Genitiv suv sunnu sijá
Accusativ suv sunnuv sijáv
Inessiv sujna sunnun siján
Illativ sunji sunnuj sidjij
Elativ sujsta sunnus sijás
Komitativ sujna sunnujn sijájn

Lulesamische Verben werden in drei grammatikalischen Personen (erste, zweite und dritte Person) konjugiert.

Es gibt fünf grammatische Modi:

Lulesamische Verben werden in drei Numeri konjugiert:

Lulesamische Verben haben vier Zeitformen:

Negative Verben

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Lulesamisch hat wie die anderen samischen Sprachen, Finnisch und einige estnische Dialekte Negativ-Verben. Die negativen Verben werden nach Tempus, Modus, Person und Zahl konjugiert.

Präsens
Indikativ
Vergangenheit
Indikativ
Imperativ Optativ
1. Person Singular iv ittjiv
2. Person Singular i ittji ale allu
3. Person Singular ij ittjij allis allus
1. Person Dual en ejma allon allun
2. Person Dual ähppe ejda al'le alluda
3. Person Dual äbá ejga alliska alluska
1. Person Plural ep ejma allop allup
2. Person Plural ehpit ejda allit allut
3. Person Plural e ettjin allisa allusa

Einzelnachweise

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  1. a b Fakta om samisk, regjeringen.no, abgerufen am 19. Juli 2020 (norwegisch)
  2. Lulesamiska, samer.se, abgerufen am 19. Juli 2020 (schwedisch)
  3. Svenn-Egil Knutsen Duolljá und Harald Gaski: Lulesamisk. In: Store norske leksikon. 16. Dezember 2015, abgerufen am 5. August 2020 (norwegisch).
  4. Stadig flere velger lulesamisk på skolen – men færre velger nordsamisk, NRK, abgerufen am 19. Juli 2020 (norwegisch)
  5. Om Arran, Arran.no, abgerufen am 19. Juli 2020
  6. Pekka Sammallahti: The Saami Languages: An Introduction. Davvi Girji, Kárášjohka 1998 (englisch).
  7. Ådå Testamennta. In: bibeln.se. 2007, archiviert vom Original am 27. November 2007; abgerufen am 15. Dezember 2023. (gedruckt 2008, ISBN 978-91-88696-40-3)

Literatur

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  • Harald Grundström: Lulelappisches Wörterbuch.
  • Anders Kintel: Syntaks og ordavledninger i lulesamisk. Samisk utdanningsråd, Kautokeino 1991.
  • Nils-Erik Spiik: Lulesamisk grammatik. Sameskolstyrelsen, Jokkmokk 1989, ISBN 91-7716-019-3
  • K. B. Wiklund: Lule-lappisches Wörterbuch. Band 1, Suomalais-ugrilaisen seuran toimituksia, Helsinki 1890.
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Commons: Lulesamische Sprache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien