Gartenkunst oder Wege nach Eden

Gartenkunst

Gartenkunst geht über die Nutzbarmachung von Land hinaus zur ästhetischen Gestaltung - sie ist die Verbindung von gärtnerischer Arbeit und künstlerischer Kreativität


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Sonntag, 4. Juni 2017

Der Park der Villa Reale di Marlia

Den Park der Villa Reale di Marlia in dem toskanischen Ort Cappanori bei Lucca besuchten wir zum ersten Mal im März 2013. Der Name "Villa Reale" bedeutet "Königliche Villa" - einst war sie im Besitz des italienischen Königs Vittorio Emanuele. Der 19 Hektar große Park wirkte wie eine schlafende Schönheit - ein langsam vergehendes grandioses Anwesen aus lange vergangener Zeit,
die prächtigen Gebäude verlassen und mangels Geld dem Verfall preisgegeben. Etliche Teile des Gartens wie das Gartentheater wirkten durchaus gepflegt, die Heckengehölze und die Grünflächen geschnitten. Andere Bereiche befanden sich in unterschiedlichen Stadien der Verwilderung.

Villa Reale di Marlia 2017 - Sicht vom See

Sowohl die Parkanlagen als auch die Gebäude zogen uns in ihren Bann, stundenlang streiften wir über das Gelände und entdeckten immer neue Sehenswürdigkeiten. Das Grüne Theater und die Grotte des Pan faszinierten mich besonders, spektakulär wirkte das barocke Wassertheater.

Der Blick von der Villa aus in das Foyer des Grünen Theaters mit seinem Brunnen (2013)


Das Grüne Theater wurde 1690 von der Familie Orsetti angelegt. Hohe Eibenhecken bilden einen mit Bogenfenstern durchsetzten Halbkreis. Noch im 19. Jahrhundert fanden hier Theateraufführungen und Konzerte von Niccolò Paganini statt.









Die Figuren auf der erhöhten Bühne im Grünen Theater - sie sollen die Colombine, den Pantalone und den Pulcinella darstellen, bekannte Figuren der italienischen Volkskomödie. Die Bilder stammen von 2013, dieses Jahr war der Bereich abgesperrt.

Das Foyer des Grünen Theaters 2013, der Blick geht zum Wasserbecken des Zitrusgartens


Das Foyer des Grünen Theaters 2017 mit Blickrichung zum Wasserbecken des Zitrusgartens



In der Nähe der Villa bestaunten wir riesige blühende Kamelienbüsche, die von Elisa Bonaparte Baciocchi 1808 gepflanzt wurden. Sie hatte sie von ihrem Bruder, dem König von Neapel, aus dem Garten des Königshofes Caserta für den neu angelegten englischen Garten des Parks bekommen. Mehr als 30 historische Kamelienarten und Sorten sind in den zwei Kamelienallen im Park ausgepflanzt - ein guter Grund für einen Besuch im März.


Blick auf die Grotte des Pan 2017

Der Vorraum zur Grotte des Pan

In dem Park stehen zahlreiche sehr gut erhaltene Skulpturen, allein diese würden für mich einen Besuch lohnen.



Für einen Bacchus ist die Figur oben links eigentlich zu jung, aber die Insignien würden stimmen. Die anderen Figuren stehen ganz unten am See und stellen Herkules, Demeter und Vulkanus dar. Sie haben den großen Sturm vom fünften März 2015 heil überstanden - im Gegensatz zu vielen alten Bäumen, besonders in ihrer direkten Umgebung.



Anfang April 2017 besuchten wir den Park zum zweiten Mal. Schon am Eingang fiel auf, dass das Pförtnerhaus sich innen zu einem modernen kleinen Empfang- und Informationsbereich verändert hatte. Es gab Broschüren mit einem Gartenplan und den wichtigsten Elementen des Anwesens in verschiedenen Sprachen.
Im Park standen neue mehrsprachige Informationstafeln (wenn es Tafeln gibt, sind die Texte in der Gegend entweder nur italienisch oder aber italienisch und englisch). Zahlreiche Gärtner waren unterwegs, mit Aufsitzrasenmäher und Motorsensen im Einsatz.

Gärtner im Zitrusgarten

Der Zitrusgarten mit dem großen Wasserbecken 2017




                                 Das barocke Wassertheater Anfang April 2013



Auf der Empore des Wassertheaters im Mai 2017

 
Die Bischofsvilla, bei unserem ersten Besuch schon auf dem Übergang zur Ruine, war abgesperrt und eingerüstet.

Blick in den Innenhof der Bischofsvilla 2013


Renovierung der Bischofsvilla 2017
Auf dem Weg rechts daran vorbei entdeckten wir das farbenprächtige Schwimmbad aus den 1920er Jahren mit seinen Umkleidekabinen im Jugendstil. Auf der Webseite der Villa gibt es ein Foto von Salvador Dalì am Schwimmbad aus dem Jahr 1936. Was müssen im Lauf der Jahrhunderte hier für Feste gefeiert worden sein...

Umkleidekabinen des Schwimmbades 2017


Der Grund für all diese wundersamen Veränderungen: 2015 kaufte ein Paar aus der Schweiz das Anwesen und entschloss sich, den Park und seine Gebäude zu renovieren und in ihrem alten Glanz wieder erstrahlen zu lassen.
Der Palazzina dell'Orologio, der "Uhrenpalast" ist außen bereits fertig, die Villa selbst wird noch renoviert.

Der renovierte Palazina dell'Orologio

Über die Geschichte der Villa Reali di Marlia und die verschiedenen Elemente des Gartens schreibe ich in diesem Post nicht, da es auf der Webseite der Villa  ausführliche Beschreibungen dazu gibt. 

Webseite der Villa Reale di Marlia
Gartenplan auf der Webseite der Villa Reale di Marlia
Die Villa Reale di Marlia auf Facebook

Sonntag, 5. Februar 2017

Buchtipp: Romantische Gartenreisen in England

"Romantische Gartenreisen in England" von Anja Birne, erschienen bei Callwey 2016, ist mehr als ein Gartenreiseführer. Schon der erste Satz in der Einleitung "Dieses Buch entwickelte sich aus den Erfahrungen privater und beruflicher Gartenreisen, die mich zwischen 1994 und 2015 durch England führten" verrät, dass die Autorin aus profunder eigener Erfahrung berichtet und der Zusatz "Mit den besten Geheimtips" im Titel sicher kein dahingeschriebener Werbespruch ist. 

Die einzelnen Kapitel entführen die Leser nach Kent, East & West Sussex, Hamphire, in die Cotswolds, nach Summerset und nach Cornwall und stellen jeweils fünf bis neun besonders sehenswerte Gärten sowie jeweils auf einer Doppelseite besondere Reisetipps in diesen Regionen vor. Im Anhang sind noch weitere Gärten und Gärtnereien sowie zusätzliche Tipps zu interessanten Zielen aufgeführt.
Jedem vorgestellten Garten sind zwei bis vier Seiten mit etwa genauso vielen Fotos gewidmet. Den Fotos wurde viel Raum gegeben, häufig eine ganze und meist eine halbe Seite. Es wird nicht versucht, möglichst viel Ansichten eines Gartens zu präsentieren, sondern nur einige besonders eindrucksvolle Ansichten. Das gibt dem Auge Ruhe und macht das Durchblättern zu einem Genuß. Auch wer keine Reise nach England plant, wird an diesem Band Freude haben.




The Old Rectory, Cotswolds ©Anja Birne

The Old Rectory, Cotswolds ©Anja Birne




Die fachkundigen Texte bieten neben Informationen zur Geschichte der Gärten und ihrer Besitzer Hinweise auf charakteristische Gartenelemente, besondere Pflanzungen und jahreszeitliche Höhepunkte - zusätzlich vermitteln sie aber auch die Begeisterung der Autorin, ohne dass sie dabei zu sehr ins Schwärmen gerät.

Wie schon auf der Banderole im Bild oben zu erkennen ist, bekam  "Romantische Gartenreisen in England" 2016 den Deutschen Gartenbuchpreis in der Kategorie Bester Garten-Reiseführer.


Sissinghurst Castle Gardens © Marianne Majerus

Pettifers, Cotswolds © Clive Nichols




Für Backbegeisterte und Genießer süßer Leckerbissen wird das letzte Kapitel der krönende Abschluß sein: Gute 30 Seiten mit Rezepten für den stilvollen Afternoon Tea. Von Shortbread und Chocolate Brownies bis zu Lemon Curd und Queen Mum's Favorite Cake reicht die süße Palette, für Liebhaber eher herzhafter Bissen gibt es Rezepte für Beetroot Tart, Salmon Mini Tart und diverse klassische Sandwiches. Die verführerischen Fotos dieses Kapitels stammen von Vanessa Jansen. Zubereitet wurden die Köstlichkeiten von Anja Birnes Gartenfreundinnen.

Für alle, die keinen guten Buchhändler in der Nähe haben - hier geht es zur unkomplizierten direkten Bestellung beim Verlag (portofrei)
Romantische Gartenreisen in England



Mittwoch, 26. Oktober 2016

Le Jardin de l'Escalier - ein besonderer Garten im Elsass

L'Escalier in der elsässischen Gemeinde Brumath nördlich von Strassburg ist ein ungewöhnlicher Ort. Die ehemalige Zimmerei hat sich in ein kulturelles Zentrum verwandelt - einen Ort der Begegnung mit einer Bar, einem Restaurant, einem kleinen Laden für Tee, ausgewählte Keramik und mehr, einer Kunstgalerie sowie (für uns ausschlaggebend als Besuchsziel) einem Garten, der seit 2007 die begehrte Auszeichnung 'Jardin remarquable' trägt und von Anfang Mai bis Ende September für Besucher geöffnet ist.
Eine Pergola im Empfangsbereich markiert laut Beschreibung der Besitzerin Michèle Schneider den Übergang zwischen der profanen Außenwelt und der "heiligen" Welt des Gartens.
Hinter dem Eingangstor betritt man zunächst die "Passage Francis Schneider". Von hier aus hat man Zugang zur Galerie. Dies ist auch der Bereich der Hühner, die sich hier frei bewegen können. Auf der rechten Seite befinden sich zwei Eingänge in den eigentlichen Garten. 


Die verschiedenen Bereiche des Gartens werden auf dem Plan dargestellt - direkt neben dem Wohnhaus am linken unteren Rand liegt ein offener Platz ("l'agora"), umrandet von großen Büschen, einem Wasserbassin, einem schattigen kleinen Teegärtchen und dem auf einem Holzdeck errichteten Pavillon.



Zur Erklärung des Elementes A. le tokonoma auf dem Gartenplan:
Tokonoma sind ein essenzielles Element der traditionellen japanischen Innenarchitektur. Dabei handelt es sich um kleine ebenerdige oder leicht erhöhte, etwa 50 cm tiefe und 1–2 m breite Nischen oder fensterlose Erker. Sie dienen rein dekorativen Zwecken und werden typischerweise mit einer senkrecht hängenden Schriftrolle oder einem Ikebana-Arrangement ausgestaltet.



Ein junger Feigenbaum neben kunstvoll arrangierten Scherben alter Tonkrüge


Es lebe die Phantasie - eine Stadt aus Ziegeln neben dem kleinen Gewächshaus, das den Hühnern als Unterkunft dient.


Dieser japanisch inspirierte Pavillon kann als Übernachtungsplatz gemietet werden - ein zauberhafter Platz für Menschen mit Sehnsucht nach Ruhe.


Hinter dem Pavillon vorbei geht es in den Gemüsegarten mit der Rosenlaube, die von mehreren Exemplaren des stark wüchsigen, cremeweiß blühenden Ramblers 'Albéric Barbier' beschattet wird. Im Hintergrund sieht man Michèle Schneider, die an diesem heißen Tag lange mit der Gießkanne unterwegs ist.


Jeder Garten braucht einen Wirtschaftsbereich - aus der grün emaillierten alten Wanne wird das Gießwasser geschöpft.




Das Herz des Gartens, wo die magisch wirkende Verwandlung von "Grünabfall" in fruchtbare Erde statt findet - der Kompostplatz.


Lohn der Mühe: üppig wachsende, gesunde Gemüsepflanzen - nur mit Kompost gedüngt.



Die Hochbeete sind mit geflochtenen Eisenbändern eingefasst


Die Holzbänke am Rand des Gemüsegartens laden uns zu einer längeren Rast im Garten ein


Flache Wasserbecken mit interessanter Bepflanzung…


Hinter den Wasserbecken markieren diese Pergolen den Übergang zum Obst- und Zen Garten (Nummer 18 auf dem Gartenplan)


"Le jardin zen" mit dem Schatten spendenden Bambushain - eine Oase der Ruhe und Erfrischung an heissen Tagen.


Die Bilder zeigen noch längst nicht alle sehenswerten Details, ich hoffe sie geben dennoch einen guten Eindruck des 2.900 Quadratmeter großen Gartens. Wer ihn besuchen möchte, sollte als Gast die ruhige Atmosphäre des Ortes respektieren - dies ist kein auf große Effekte publikumswirksam ausgerichteter Schaugarten, sondern ein privates Gartenparadies. Eltern werden gebeten, ihre Kinder gut zu beaufsichtigen und ihnen keine lauten Spiele wie Verfolgungsjagden zu erlauben. 
Hunde haben keinen Zutritt. 
Der Garten kann vom 1.05 bis zum 25.09. (außer Montag und Dienstag Nachmittag zwischen 14.00 und 18.00 Uhr) täglich tagsüber besucht werden. Geführte Gruppenbesuche sind nach Anmeldung in französischer, deutscher und englischer Sprache möglich.
Sonntags nach Anmeldung Brunch zwischen 11.00 und 14.00 Brunch und Afternoon Tea zwischen 17.00 und 20.00 im Restaurant.

Adresse:
Jardin de l'Escalier
Michèle Schneider
10, rue de Pfaffenhofen - 67170 Brumath
http://www.lescalier-brumath.com/

Eintrittspreis 4.- Euro, Studenten und Kinder >10 Jahre 2,50, Kinder unter 10 Jahren frei
Der Garten ist für Rollstuhlfahrer und Senioren mit Gehwagen gut zugänglich - entgegen des Namens gibt es keine großen Stufen zu überwinden.



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