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Dienstag, 8. April 2014

Es wird ein Schneemann.

Ein kugelrunder Kopf auf einem noch kugelrunderen Bauch, daran befestigt zwei kugelrunde Arme und zwei kugelrunde Beine. Mit den Armen hat es mir zugewunken. Nein! Schwangerschaft ist kein Grund, süßlich zu werden, es hat mir natürlich nicht zugewunken, vielmehr verhält es sich so, dass es mit den Armen gerudert hat, und ich fühlte mich angesprochen.

Es ist tatsächlich alles in Ordnung mit Würmchen. Und ich beobachte fassungslos, dass mich das kaum noch wundert. Ich müsste viel hysterischer sein auf dem Weg zum Termin. Ich müsste schlechter schlafen vorher, und das tagelang. Selbst die Ärztin, die doch eigentlich den Eindruck erwecken sollte, das wäre ihre leichteste Übung, zwei Volltreffer hintereinander, wundert sich und ist freudig überrascht. Ich hätte nie gedacht, dass mein Knallbauch das noch in sich hat: mit viel, viel Glück am Ende zwei kugelrunde, kugelgesunde Kinder. Aber es sieht so aus, als hätte er, und ich habe mich für meinen Geschmack viel zu schnell an diese Überraschung gewöhnt. "Was, wenn es doch noch schief geht?" fiept der in die Abstellkammer verbannte, fehlgeburtsgeschädigte Teil meines Fusselhirns. "Geht es nicht", dröhnt der in letzter Zeit übertrieben selbstbewusste Teil dagegen und fläzt sich noch etwas breiter aufs Sofa, genau auf den alten Lieblingsplatz des Verbannten. "Aber..." fiept es aus der Abstellkammer, und Dröhni macht einfach den Fernseher etwas lauter. Wenn das mal gut geht...

Dann wollte ich euch noch mal auf das tolle, hervorragend und aufwendig recherchierte und mit Liebe, Sachverstand und Sorgfalt gemachte ORF-Radiokolleg zum Thema Kinderwunsch aufmerksam machen. Auch wenn die einzelnen Sendungen im Internet zu hören sind, sind sie es nicht für immer, Folge 1 z.B. ist (glaube ich) nur noch bis Sonntag online.

Hier ist der Link zu Folge 1.
Und hier der zu Folge 2.

Von da aus findet ihr den Rest bestimmt alleine. Viel Spaß beim Hören, bin auf Feedback gespannt und gebe es gerne an die Journalistin hinter dem Programm weiter!

Donnerstag, 3. April 2014

Das Schöne an einem Schreibmaschinenkurs ist, dass man danach auch mit geschlossenen Augen tippen kann.

Ich hänge in der Müdigkeit wie in einem riesigen Spinnennetz. Egal, wie früh ich schlafen gehe, egal, wie ruhig und idyllisch und gemütlich ich diese popeligen zwanzig Minuten gestalte, die ich mich noch wach halten kann, nachdem Huckleberry eingeschlafen ist, egal, wie gut oder wie schlecht er durchschläft - jede Nacht wache ich aus unerfindlichen Gründen ca. dreißig mal auf und wälze mich zähneknirschend herum. Ich bin so fertig, dass es manchmal schon fast zu viel erscheint, aufrecht zu gehen. In der Agentur bin ich gottfroh, dass der kleine Muckelraum mit den Sofas und der gedämpften Beleuchtung nicht direkt neben meinem Büro ist, sonst würde ich fünfmal täglich von Beratern mit Fußtritten geweckt, weil ich schon wieder auf dem Sofa schnarche, statt meine verdammte Arbeit zu tun. Wie das alles noch werden soll, wenn erst wieder die Zeiten kommen, wenn ich morgens auf dem Weg zur Arbeit ohnmächtig und schnappatmend vom Sitz rutsche, weiß kein Mensch. Aber ich warte mal ab, vielleicht passiert das diesmal auch gar nicht, dafür kann ich diesmal endlich mitreden, wenn es um Schwangerschaftsübelkeit geht. Wenn ich mal mitrede und nicht teilnahmslos in der Ecke hänge und mich frage, ob es wohl auffällt, wenn ich ein kleines, nur ganz klitzekleines Nickerchen mache jetzt.

In dieser schweren Stunde ist wieder mal Verlass auf die Mädchen, eins von ihnen hat mir seine riesige Puck-die-Fliege-Sonnenbrille verkauft, mit der kann ich sogar sowas bringen.

Aber was tut sich bei Huckleberry? Wie ihr wisst, bin ich extrem sparsam mit Informationen über ihn, weil ich nicht will, dass er später über das übliche Maß hinaus von den dummen Klassenschlägern rumgeschubst und drangsaliert wird. Aber ich glaube, es ist ok zu verraten, dass er inzwischen steht und daran enormen Spaß hat (bis er sich dann irgendwann wieder hinsetzen will und merkt, dass er das noch nicht kann), dass er immer noch am liebsten Fläschchen mag, aber zwischendurch auch mal mit großem Spaß ein Stück Croissant isst und dass ich inzwischen glaube, Breichen sind einfach nicht sein Fall. Also weiter Fläschchen, zwischendurch versuchsweise Bananen, Croissants, mal ein Stück Kartoffel oder ein paar Nudeln und so, und irgendwann demnächst dann richtiges, großes Essen. Sein Liebstes ist aber immer noch Wasser mit Kohlensäure. Ihr braucht mir keine Vorträge zu halten über Bauchschmerzen usw., viel ist es nie auf einmal, und er hat sich noch nie beklagt. Ich hab das Gefühl, er macht das schon. Und wir haben einen Kita-Platz! Zwar nicht in der duften Montessori-Kita, aber in einer auch sehr schönen komplett mit tollem großen Außengelände und Matschspielplatz, und das so dicht, dass ich innerhalb von drei Minuten zu ihm könnte, wenn er mich zu sehr vermissen würde. Bzw. ich ihn. Jeden Tag auf dem Hundegang gucke ich mir das seit Jahren an: wie zwischen den glattpolierten Baumstümpfen die kleinen Muckel mit ihren Plüschohren an den Mützen herumstreifen, und demnächst kann ich ihm über die Ubahn-Gleise weg zuwinken, und wenn ich Glück habe, winkt er sogar zurück. Das ist schon alles gut so. (Ich glaube, ich war im fünften Monat, als ich ihn bei Montessori angemeldet habe. Das ist ein kirchlicher Kindergarten, und ich dachte, tadaaaa, Papa und Mama beide in der Kirche, das klappt ja wohl jetzt gefälligst? Nichts da. Es stellt sich heraus, dass ich ihn im zweiten Monat hätte anmelden müssen. Vor uns ist nämlich noch ein Paar auf der Warteliste, und die waren im dritten Monat da. Ja nu. Ist hier eine, die gerade heute mit Synarela anfängt? Das ist das tolle am langen Protokoll, dass es genug Luft für die Chance bietet, den Kita-Platz tatsächlich aussuchen zu können. Nichts wie hin also!)

Und sonst bitte ich um Nachsicht, wenn gerade die Posts etwas zähflüssig kommen. Ich schiebe es auf die Müdigkeit. Und darauf, dass ich trotzdem total verplant bin. Letzte Woche habe ich z.B. an viereinhalb Tagen gearbeitet und war übers Wochenende weg, und wenn ich dann mal ausnahmsweise babyfrei am Tisch sitze und der Rechner steht vor mir, dann kann und kann ich mich einfach nicht aufraffen. Jetzt knöttert Huckleberry. Und schlecht ist mir auch. Wir können nicht alle so tapfer sein wie Muc, die auch nach durchbrüllten Zwillingsnächten noch seitenlang postet.

Aber bald bestimmt wieder. Dann berichte ich z.B. von einem sicher fabelhaften mehrteiligen Radioprogramm zum Thema Kinderwunsch, das eine nette und gut informierte ORF-Journalistin gebaut hat (und ich durfte auch mitmachen!). Demnächst ist es zu hören, für Leute außerhalb der ORF-Reichweite natürlich auch im Netz.

Montag, 17. August 2009

Das wars

Für dieses Würmchen wird es leider kein Zimmer mit Häschenbordüre geben, und erst recht keine Rutsche und kein Schwimmbad. Es ist seit Wochen nicht gewachsen und zeigt nicht das leiseste, kleinste, piepsigste Lebenszeichen. Genau genommen ist es nur noch ein kleines, undefinierbares Klümpchen. Nur scheint das mein Körper bisher noch nicht kapiert zu haben, er bemuttert es weiter nach Kräften. Morgen früh muss ich deshalb zur Ausschabung. Und gerade kann ich noch nicht so viel schreiben. Später bestimmt. Später ist besser.

Die Einträge eins, zwei und drei haben es nicht gebracht

Das ist jetzt mein vierter Anlauf für einen Eintrag, bevor ich zum Ultraschall fahre. Erst wollte ich etwas darüber schreiben, wie schön für mich als Kind der Sommer immer war und wie schön er erst für Würmchen werden wird. Dann wollte ich darüber schreiben, dass sich bei L. und mir in den letzten Tagen ganz heimlich das Namensding eingeschlichen hat. Und dann war da noch der Versuch, darüber zu schreiben, was gerade los sein müsste laut den drei Babybüchern und dem Schwangerschaftsnewsletter, und was davon alles einfach nicht passiert und wie ich versuche, deshalb nicht nervös zu werden. Aber es hat keinen Sinn. Denn heute ist Ultraschalltag. Und ich kann nicht über niedliche Namen und nicht stattfindende Brustveränderungen und Tage im Schwimmbad auf der Rutsche schreiben, wenn ich vielleicht in drei Stunden nach Hause komme und sich das alles erledigt hat. Das wäre fast genau so ungeschickt, wie wenn ich heute morgen einfach zwei Stunden früher aufgestanden wäre und im Arbeitszimmer eine Häschen-Bordüre an die Wand geklebt hätte.

Verdammt, wieder mal wäre ich gerne lässiger. Lässigkeit wäre eine feine Sache.

Sonntag, 16. August 2009

Angst-Hopping

L. ist tatsächlich wider Erwarten ohne Veilchen, Brüche, Tripper (nein, der Nicht-Tripper ist natürlich nicht "wider Erwarten") oder andere Beschädigungen zurück und inzwischen auch ausgeschlafen. Und Hormonsusi, die ich bin, hatte ich natürlich die halbe Nacht Angst, es wäre bestimmt etwas passiert. Gut. So lange mich das nicht dazu bringt, ihm was vorzuheulen oder ihn sonstwie davon abzuhalten, Spaß zu haben und ein freies Leben zu führen, geht es ja noch. So lange mir klar ist, dass da die Hormone wüten und ich damit eben leben muss - und so lange ich weiß, dass das alles nichts mit der Realität zu tun hat.

Nachdem dieser Angsthasenanfall nun ausgestanden ist, kann ich mich in aller Ruhe in den nächsten reinsteigern: die Uhr tickt bis zum Ultraschall. Morgen um Viertel nach elf bin ich dran.
Würmchen, ich würde sagen, morgen hast du die letzte Chance, aus diesem ganzen Plan auszusteigen. Morgen werde ich noch mal zittern. Und wenn ich danach das nächste Mal auf einem Stuhl liege und jemand mit einem Plastikgerät auf oder in mir rumprockelt, dann werde ich jenseits der 12-Wochen-Grenze sein. Wenn du morgen gesund aussiehst, dann sieht deine Mutter das als Lizenz zur Vorfreude. Ab morgen werde ich hemmungslos Babybücher lesen, Sachen mit Quiekstimme sagen und damit anfangen, im Kopf dein Zimmer einzurichten. Wer ab morgen noch Ärger macht, ist also ein Spielverderber, ok?

Samstag, 15. August 2009

Falls ihr heute zufällig einem hilflos betrunkenen Mann in Zylinder und Hosenträgern über den Weg lauft:

seid nett und denkt nichts Schlechtes über ihn.
Während ich hier friedlich sitze und tippe und sonst keine Sorgen habe, geht L. durch die Hölle. Heute ist sein Junggesellenabschied, und er muss alles aufholen, was ich bei meinem nicht durfte. Irgendwann morgen früh laden sie ihn wieder hier ab, und Ibuprofen, gekühlte Augenmaske und kaltes Wasser stehen bereit.

Noch zwei Tage bis Ultraschall. Bernstein hat Recht, es nützt ja nichts. Wieder mal habe ich keine Ahnung, was ich denken oder wie ich mich fühlen soll. Habe ich jetzt das sichere Gefühl, dass etwas nicht stimmt, und alles andere wird eine schöne Überraschung? Oder denke ich das nur sicherheitshalber, um der schlimmsten Enttäuschung vorzubeugen, und weiß im Grunde genau, dass alles stinknormal, also gut ist? Es ist ein Affentanz, und der wird wohl auch nicht aufhören, bis ich irgendwann das Würmchen im Arm halte und mir drei Ärzte laut und in Zeichensprache und schriftlich versichern, dass nun wirklich, ehrlich und in echt alles gut ist.

Vorhin Frühstück auf dem Schulterblatt. Und nun geht es hier schon so zu wie in Berlin: alle sind schwanger. Es ist eine Seuche. Überall Bäuche und Wagen und Schultertücher und winzige Fahrräder aus Holz. Trotzdem geht erstaunlich viel Kaffee, der nicht Kaffee heißt, über den Tresen. Ich dachte, gerade diese schwangeren Großstadt-Szenemädchen sind die wildesten Ernährungsnazis. Ist doch schön, wenn man sich irrt.

So sehr ich mich auch wegen des Ultraschalls aufrege und so unruhig mich das auch macht, dass ich so gut wie nichts von meiner Schwangerschaft mitkriege und dass es immer noch ab und zu blutet - langsam breitet sich in den anderen Lebensbereichen eine große, schöne Gelassenheit aus. Dass ich nichts trinken darf, hat mich sowieso bisher viel weniger gestört, als ich dachte. Aber langsam lässt mich auch die Existenzangst wegen der Jobflaute aus ihren Klauen. Was solls? In meiner alten Firma läuft es gerade überhaupt nicht rund, wie ich höre. Wenn ich da immer noch jeden Tag hin müsste, würde ich mich jede Nacht schlaflos hin und her wälzen und würde täglich eine Stunde damit verschwenden, Phantasiestreitgespräche mit Chefs und Kunden zu führen, die nie wirklich stattfinden. Und wäre ich in einer anderen Firma, dann hätte ich im Moment ständig ein schlechtes Gewissen, weil ich so schnell schwanger geworden bin, und ich hätte es bisher vermutlich noch nicht mal erzählt, aus Angst, dass ich das Baby verliere und dann für nichts und wieder nichts von Anfang den Ruf hätte, hier ein ganz linkes, doppeltes Spiel zu spielen und wirklichkeit am Job kein Interesse zu haben, sondern hier nur die Zeit bis zur Familiengründung abzureißen. So sind die nämlich drauf, die Bosse in meinem Beruf. Alle!

Das wird schon alles, und wenn nicht, dann werde ich extrem viel Zeit für Yoga haben.
Auch bei Klamotten bin ich raus, und das ist in Ordnung so. Ich habe shoppen schon immer gehasst, aber war trotzdem nicht gerne doof und langweilig angezogen, und jetzt ist es doch schön, zu sehen, wie die anderen Mädchen ganz aufgeregt sind wegen des ACNE-Sonderschlussverkaufs auf der Schanze, und ich kann daneben stehen und ihnen ohne die leisesten Melancholie dabei zugucken, wie sie sich in wahnsinnig knackige Jeans schießen und weiß, in den nächsten Monaten wird die Kleiderfrage extrem in den Hintergrund treten. Ihr verrückten jungen Leute, geht ihr nur shoppen/saufen/die Wirtschaft ankurbeln/Elefanten jagen! Heute ist Flora sowas von raus und sehr froh darüber.

Womit nicht gesagt ist, dass ich morgen nicht schon wieder von einer Minute auf die andere in eine mittlere Krise rutsche.

(Und natürlich habe ich trotzdem was gekauft. Einen ACNE-Rock, der bestimmt nicht auf Zuwachs gedacht ist. Aber 40 Euro? Das Ding ist ein KLASSIKER, quasi eine Geldanlage!)

Freitag, 14. August 2009

Nachrichten an das Würmchen

Nur falls du dich fragst, warum das hier so ungemütlich ist in letzter Zeit: deine Mutter befürchtet gerade, dass sie noch verrückt wird. Jaja, du winkst ab und willst mich beruhigen, aber hör dir erst mal die Beweislage an.

Weil gestern im eltern.de Newsletter stand (den ich nach kurzer Pause nach dem schlimmen Ultraschall neu bestellt habe), dass du dich so freust, wenn ich Knoblauch und Zwiebeln esse, gab es gestern Abend griechischen Salat und Knoblauchbaguette. Und heute hat dein Vater einen Zahnreinigungstermin. Ich nenne das: den Kontakt zur Realität verlieren.

Ich starre achtzehnmal am Tag das Foto vom letzten Ultraschall an, auf dem du noch nicht mal besonders gut getroffen bist, sogar so schlecht, dass eine Freundin von mir dachte, die Striche, mit denen deine Größe markiert ist, wären deine Beinchen, und wenn ich genau hinsehe, kann ich sogar verstehen, was sie damit gemeint hat.

Gestern Abend habe ich einem Freund am Telefon eine halbe Stunde lang vorgejammert, wie blöde Schwangerschaften sein können, und dass die Welt bedeutend leerer wäre, wenn Männer die Kinder kriegen würden, und dann zucke ich immer noch zusammen, wenn ich auf der Toilette sitze und kurz vergessen habe, dass ich selbst es war, die rot gemustertes Klopapier gekauft hat. Wie denn nun, Schwangerschaft blöd oder Schwangerschaft gut?

Sobald sich die Tür hinter deinem Vater schließt, läuft vor meinem inneren Auge ein Wes-Craven-Film ab, in dem ihm die seltsamsten und schlimmsten Dinge passieren. Denn das ist mir vollkommen klar: Beides zusammen darf ich bestimmt nicht haben, Mann UND Kind. Ich doch nicht.

Pass auf, vielleicht können wir uns ja folgendermaßen einigen: du versuchst dein Bestes, um diese Hormonzufuhr irgendwie ein bisschen in Richtung dauernde Glücksgefühle zu regeln. (Davon liest man doch immer? Andere Embryos können das auch, nu streng dich an!) Und ich esse im Gegenzug ein bisschen mehr Knoblauch. Abgemacht? Zum Zeichen, dass du mich verstanden hast, tu einfach ein paar Minuten lang gar nichts.

Nachtgedanken einer Ex-In Vitro-Patientin in ungeordneter Reihenfolge

Was, wenn mit den Keimzellen etwas nicht stimmte, und durch die Hormone ist mein Körper gezwungen worden, sie trotzdem wachsen zu lassen, und nun bekomme ich ein fürchterlich krankes Kind, das sein ganzes kurzes Leben lang leiden muss?

Was, wenn das mit dem Herzschlag neulich zwar ein Wunder war, aber nur ein vorübergehendes, und beim Ultraschall in drei Tagen wird klar, dass eigentlich nie eine Hoffnung auf ein Baby bestand?

Was, wenn auf der ellenlangen Liste all der Sachen, die ich nicht essen und trinken darf, eine Sache noch fehlte, und ich bin die erste, bei der deshalb etwas schief geht?

Was, wenn meine gerade aus Mallorca wieder eingeflogenen Hochzeitsgäste mir und dem Kind die Schweinegrippe verpassen? Und ich muss entscheiden, ob ich lieber Hirnschäden durch Fieber oder durch Medikamente riskiere?

Was, wenn wir feststellen, dass wir zwar als Paar ganz toll sind, aber als Eltern eine glatte 5?

Was, wenn ich ein Kind kriege, das vollkommen gesund ist, ein Prachtstück, aber irgendwie... irgendwie kann ich es nicht leiden? Weil es abgesehen von einem beeindruckenden IQ und auch sonst astreinen Fähigkeiten einfach nur eine blöde Kuh ist?
Und dann habe ich die kleine Nervensäge die nächsten 20 Jahre um mich?

Was, wenn mich das alles so schlaucht, dass ich gar nichts anderes mehr kann als das Baby zu ernähren und zu wickeln, und nach einem Jahr gucke ich mich um und habe keine Freunde mehr, sondern nur noch ein paar Muttis, die genau so lethargisch rumschluffen und die mich zu Tode langweilen? Und ich habe meinen letzten Abend in einer Kiezbar verbracht? Ohne es zu wissen und es richtig würdigen zu können? Und die Zukunft hält höchstens noch ein Theaterabo für mich bereit? Zu dem ich aber noch nicht mal komme, weil der Babysitter nie Zeit hat? Und wenn doch, dann sitzt direkt vor mir ein Kopfwackler?

Was, wenn ich nie wieder einen Fuß auf den Boden kriege in meinem Job?

Was, wenn ich nie wieder mit L. in New York sitzen, ein Steak essen und mich mit ihm zuschütten kann?

Was, wenn es mir so geht wie meiner Oma, die in der Schwangerschaft schwer depressiv wurde und davon nie wieder runter kam, ihr ganzes Leben lang nicht?

Was, wenn diese 20-Euro-Billo-Pumps die letzten Schuhe mit Absätzen waren, die ich in meinem ganzen Leben gekauft habe, weil ich in sechs Wochen zur Tonne werde und mir danach vermutlich die Kraft fehlen wird, auch nur Schnürschuhe zu schließen, so dass mir eine Zukunft in Fellstiefeln, Klettverschlussfußbettalbträumen und Birkenstocks bevorsteht?

Was, wenn L. beim Joggen überfahren wird und ich dann wie diese Frau aus der Zeitung bis aufs Messer mit der Klinik kämpfe, damit sie die befruchteten Prilblümchen nicht wegwerfen? (Das ist so ein ganz eigenes Kapitel. Ich war nie schlimm ängstlich, aber jetzt könnte ich mich regelmäßig in die grässlichsten Phantasien reinsteigern, was alles passieren kann. Autounfälle, besoffene Fahrer, Herzinfarkte, Kneipenprügeleien, ausgebrochene Löwen, Meteoriteneinschläge, das ist alles schon passiert, niemand kann also garantieren, dass es nicht auch L. passiert. Und dann denke ich an meine Oma und wie schlimm das war, wenn sie immer Angst vorm Schlimmsten hatte und heulend am Fenster klebte, wenn wir weggefahren sind, und dann kriege ich noch mehr Angst, weil ich befürchte, dass die Hormone mir den gleichen miesen Streich spielen wie ihr. Harrrg.)

Donnerstag, 13. August 2009

Tägliche Statistik

Zugenommene Kilos: 0

Kleider, die mir trotzdem nicht mehr passen: 50%

Momentan liebste Traum-Sehnsuchts-Lebensmittel, die ich nicht essen darf: Tiroler Speck, alten französischen Stinke-Rohmilch-Brie

MSV (Mustergültiges Schwangerschaftsverhalten) in den letzten Tagen:
Sektprobe mit Mineralwasser, auf der ich mich geweigert habe, auch nur einen Tropfen zu probieren
wegen Blut einen Weg von 1 km komplett per ÖPNV zurückgelegt und deshalb dreimal so lange dafür gebraucht wie sonst zu Fuß
Zupfmassagen jeden Tag (auch wenn sich manche Partien meines Bauches einfach nicht zupfen lassen, erst recht nicht, wenn sie eingeölt sind, und glaubt mir, das hat nichts damit zu tun, dass ich so wahnsinnig durchtrainiert wäre)
Beckenbodentraining während Columbo

Tage bis zum Ultraschall: 4

Träume, in denen ich ein Tier zur Welt gebracht habe: 2 (Elefant, Eichhörnchen)

Symptome, auf die ich gut verzichten könnte: heulige, ungerechte, tussige und durch nichts gerechtfertigte Launen, ständige Bäuerchen

Der Bluttest war in Ordnung, aber frei bin ich trotzdem noch nicht, denn zum dritten Mal habe ich jetzt "einen letzten Termin" zur Blutabnahme in meiner IVF-Klinik. Es ist ein bisschen wie in der Schule, als sie uns jedes Jahr erzählt haben, die Regeln würden nun aber ganz bestimmt geändert und dieses Jahr wäre DAS LETZTE MAL, VERSPROCHEN, dass wir an den Bundes-Jugend-Spielen teilnehmen müssten. Harrr.
Es ist ja eigentlich nicht weiter schlimm, denn vor Spritzen habe ich dank IVF inzwischen überhaupt keine Angst mehr, meinetwegen können sie mich aussaugen bis auf den letzten Tropfen. Aber jedes Mal muss ich mir einen Wecker stellen, mit dem Bus rein- und rausfahren (und der Bus ist der einzige Ort, an dem mir im Moment jedes Mal schlecht wird), und ich freue mich jedes Mal, dass nun die Eigentlich-kann-ich-keine-Kinder-kriegen-Phase dieser Schwangerschaft vorbei ist und ich endlich normal sein darf mit einem normalen Frauenarzt und normalen Terminen. Jedes Mal gucke ich mich noch mal um und denke, "hier kommst du so schnell nicht wieder hin", bin noch einmal nach Kräften dankbar und gehe dann da pfeifend raus, und dann klingelt vier Stunden später das Telefon und die Bundesjugendspiele sind dran und wollen, dass ich noch mal antrete.

Und an der Hochzeitsvorbereitungsfront ist eine kleine Sensation zu vermelden: ich habe Schuhe gekauft. Zwei Paar. Nachdem ich einen ganzen Tag durch Lüneburg gerannt bin, wo man mir empfohlen hat, es doch mal in Hamburg zu versuchen, und die Laune dementsprechend, sind wir auf dem Weg zum Auto noch in einen Prollo-Billo-Schuhladen geraten, in dem es plötzlich und wie zum Hohn ca. zehn Paar cremefarbene Pumps ohne Spitze und Bommel zur Auswahl gab. Keins davon hat mehr als 20 Euro gekostet, und keins davon wäre dumm aufgefallen an den Füßen einer Frau mit Extensions, aber so ist das eben mit Pumps. Die zwei Paare sind beide keine 1, aber eine 2 allemal, und wenn man bedenkt, dass ich in den letzten Tagen für die eine oder andere 3+ oder sogar 3- aus reiner Verzweiflung und Wut fast 200 Euro ausgegeben hätte, bin ich die glücklichste Schuhfetischistin der Welt. Dazu kommt noch, dass jedes paar weißer Schuhe nach einer Hochzeit, die sich auch auf Kopfsteinpflaster und Wiese abspielt, nach dem Abend hinüber wäre. Und 20-Euro-Schuhe wirft man doch am nächsten Tag mit einem entspannteren Gesichtsausdruck weg als 200-Euro-Schuhe.

Gut. Daraus ergeben sich zwei Empfehlungen:
1. Wenn eine von euch demnächst mal aus irgend einem Anlass dringend ein paar wirklich hoher Schuhe sucht, die nur einen Abend überstehen müssen, dann kann ich "Schuh-Geiz" in Lüneburg empfehlen. Distinguiert und geschmackvoll, wie ich euch natürlich alle einschätze, wird sich euer Innerstes dagegen sträuben, in so einen Laden zu gehen, aber ihr werdet es vermutlich nicht bereuen.
2. Hier kommt eine 1a Geschäftsidee: macht einen Brautschuhversand auf, in dem es Schuhe gibt, die einfach nur ein bisschen anders aussehen als die Schuhe, die es sonst in ALLEN Brautläden im GANZEN Land gibt. Ihr tut ein gutes Werk, es macht nicht viel Arbeit, und ihr werdet steinreich. Glaubt mir, wenn es derzeit eine Marktlücke gibt, dann diese. Und wenn ihr schon dabei seid, dann könnt ihr auch noch solchen Firlefanz versenden wie hübsche Einladungskarten oder Tischkärtchen und einen Service anbieten, der Liederzettel für die Kirche druckt.

Montag, 10. August 2009

Nachricht an das Würmchen

Deine Mutter hat heute vermutlich deine Gesundheit aufs Spiel gesetzt, um eine von vornherein zum Scheitern verdammte Suche nach Schuhen durchzuziehen. Gegen jede Erschöpfung, wider besseres Wissen und mit zusammengebissenen Zähnen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Ich kann Dir nur folgenden Deal anbieten: Wenn jemals so eine Situation eintreten sollte, in der ich aus irgendeinem Grund entsetzlich sauer auf Dich bin. Keine Ahnung weshalb, vielleicht ja, weil Du Deine Oma beklaut hast oder weil Du ein kleineres Kind verdroschen hast. Dann hast Du hiermit die Garantie, dass ich genau dieses eine Mal meinen Ärger runterschlucken werde und mich damit zufrieden gebe, dass wir jetzt quitt sind. Dieser Eintrag ist Deine Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte. Nur dieses eine Mal. Ok?

Aber bitte, halte durch!

Tägliche Statistik

Schuhe, die wunderschön waren, aber nicht cremefarben: 800

Schuhe, die zwar cremefarben waren, aber potthässlich: 800000

Gekaufte Schuhe: 0

Für Schuhsuche sinnlos verschleuderte Lebenszeit: 8 Stunden

Patzige Bemerkungen von Schuhverkäuferinnen: 20*

Letzter Zeitpunkt, an dem Blut kam: 11 Uhr

Anteil aller mit angehörten Gespräche in Bussen und Bahnen, die sich um Fehlgeburten, sonstwie grauenvolle Geburten und Probleme mit Kindern drehten: 80%

Wie zum Hohn vor meiner Nase Sushi essende Menschen: 7**

Tage bis zum nächsten Bluttest: 1

Tage bis zum nächsten Ultraschall: 7

Tage, bis die bösen 12 Wochen um sind: 20

Tage, bis 280 Tage um sind: Keine Ahnung, L. hat die Striche weggewischt, und ich hab noch keinen neuen Platz dafür gefunden und bin nach dieser elenden Schuhjagd zu müde zum Rechnen

* Meine Lieblingsverkäuferin war die, zu der ich gesagt hatte, ich hätte gerne Schuhe, die vorne rund sind und insgesamt mit weniger Glitzersteinchen besetzt. Daraufhin sagte sie: "Da können Sie ja mal auf dem Kiez gucken gehen. Da gibt es solche Schuhläden für Frauen, die einen GANZ anderen Schuhgeschmack haben." So ist das nämlich. Mein Wunsch nach schlichten, gut geschnittenen cremefarbenen Schuhen ohne Bommel, Blumen, Glitzer und Spitze ist ein abgründiger Fetisch. Ich dachte, ich bin normal, und nur die Schuhindustrie ist blöd. Aber so sind wir Irren ja, das denken wir immer.

** Traurig, aber wahr: kaum ist das Mayonnaise-Problem dank Frau Hoppenstedt gelöst und damit eigentlich alle Wünsche erfüllt, kann ich an nichts anderes mehr denken als an rohen Fisch.

Blutend und verflucht

Kaum hat man mal ein bisschen Spaß, schon kommt ZACK die Schwangerschaft dazwischen. Gestern habe ich noch friedlich meine Bahnen im Zockeltempo gezogen, dazu in die Bäume rund ums Becken geschaut und mich von Schmetterlingen überholen lassen, es war fast wie eine Meditation. Und hinterher habe ich mich so wohl gefühlt und dachte, wie schön, das mache ich jetzt jeden Tag, und dann bin ich am Ende nach dieser Schwangerschaft knackiger und erholter als vorher? (Und ich war nie gut im Schwimmen. Laufen ja, schwimmen nein. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie stolz ich gestern auf mich war. Und so schön müde.)
Und nun habe ich heute früh schon wieder Blut in der Hose. Altes Blut. Da ist es wieder, das eklige Wort. Langsam bin ich genervt. Heute war außerdem der Tag, an dem ich es endlich hinkriegen muss, unter all diesen Scheußlichkeiten meine Brautschuhe zu finden. Kein anderer Tag diese Woche kommt in Frage. Und nächste Woche schon gar nicht. Und nun verbietet sich schon wieder jede Rennerei von Laden zu Laden. Oh Mann.

Vielleicht ist da draußen ja eine, der jetzt seit sechs Wochen jeden Tag schlecht ist. Ich habe einen Vorschlag: wollen wir tauschen? Nur für heute? Ich schwanke in grün 12 Stunden lang durch die Straßen, und Du machst Dir einen ruhigen, wenn auch von Übelkeit vollkommen unbeschwerten Tag? Schnupperst nach Herzenslust an Fischbrötchen und deinem alten Lieblingsshampoo, sprühst dich mit Parfum ein und bummelst im Schneckentempo an der Fleischtheke vorbei? Und morgen ist wieder alles wie vorher?

Ich will nicht in diesen grässlichen Satin-Dingern heiraten. Es ist ein bisschen wie DDR, als hätte der Staat angeordnet, dass dieses Jahr zwei Brautschuhmodelle für die Genossinnen zur Verfügung gestellt werden: Modell Jacqueline und Modell Priscilla. Wieso soll ich ausgerechnet zur Hochzeit die miesesten Schuhe meines Lebens tragen? Und dann kommt noch dazu, dass diese Damen in den Brautmodeläden eine unfassbare Art haben, deinen Geschmack beiseite zu schieben. Das läuft dann so:

Ich: Guten Tag. Ich bin auf der Suche nach Brautschuhen. Am liebsten vorne nicht spitz, und perfekt wäre ein Absatz von acht bis zehn Zentimetern.
Dame: Ja, da gucken wir mal.
Ich, angesichts von sieben Paaren vollkommen gleicher Satindinger mit langen Spitzen und drei-Zentimeter-Absatz: Ach... nein, da ist wohl leider nicht das Richtige dabei. Vielen Dank, auf Wieder...
Dame, mit Nachdruck: Da haben wir z.B. einen.
Ich: Hm, ja, herrlich, aber der Absatz ist zu niedrig und er hat eine Spitze.
Dame, angefasst: Ja, natürlich hat der eine Spitze, sonst kann man ja die schönen Schuhe gar nicht sehen unter dem Kleid.
Ich: (Denke: das wäre in diesem Fall aber besser so. Sage aber feigerweise:) Das leuchtet ein, aber ich mag keine Spitze. Vielen Dank, auf Wieder...
Dame: Da werden sie keine Schuhe finden.
Ich: Naja, ich habe auch noch nicht lange gesucht, ich hoffe doch, dass ich noch...
Dame: Da werden sie barfuß heiraten.
Ich: Moment mal, es muss doch Schuhe ohne Spitze geben? Irgendwo?
Dame: Barfuß.
Ich, entferne mich rückwärts und lasse sie nicht aus den Augen: Rund! Mit Absatz!
Dame, starrt mich an wie Kah, die Schlange: Sie werden sehen.

Liebe Hasen, eine uralte Verkäuferin aus einem altehrwürdigen Hamburger Geschäft hat mich verflucht. Ich bin vermutlich verloren.

(Im Zweifel mache ich das übrigens. Barfuß heiraten meine ich. Meine Füße wird man nicht sehen, am Ende ist es sogar gesund, das Gasthaus, in dem wir heiraten, gleicht mit Kopfsteinpflaster und Wiesen und Kieswegen sowieso einem Barfußpark, herrlich! Alles ist besser, als 90 Euro für ein paar beschissene Billo-Satin-Dinger auszugeben.)

Sonntag, 9. August 2009

Kabumm

Erklär mir, dass während einer Schwangerschaft Blähungen ein vollkommen normales Symptom sind, eine ganz natürliche Sache, für die man sich nicht schämen muss. Daran ist nichts peinlich!
Genau. Und wenn Du schon dabei bist, mich ein für allemal von meinen Ängsten und Komplexen zu heilen, dann mach am besten weiter und unterrichte mich davon, dass Spinnen nützliche Tiere sind, die eine wichtige Rolle im Tierreich erfüllen, uns Schädlinge vom Hals halten, ein Zeichen für gutes Raumklima sind und uns nichts tun. Ach so? Super, dann ist ja jetzt alles gut!

Kennt jemand die Prohibitions-Folge der Simpsons? Jedenfalls brennt Homer heimlich Schnaps im Keller, und dann explodieren die Kessel nachts, und weil Marge natürlich nichts wissen darf, tut Homer bei jeder Explosion so, als hätte er einen krachen lassen. "Kawumm, Badabumm! Marge, ich kann mich nur ein weiteres Mal entschuldigen!"

Ich bin im Moment so weit, ich würde jederzeit behaupten, dass das nicht ich war, sondern die illegalen Schnapsfässer im Keller.

Tägliche Statistik

Zurück von einem weiteren Ausflug aufs Land ruft die Pflicht.

Internetfreie Stunden, die ich trotz massiver Abhängigkeit überstanden habe: 50

Blut: 0

Zugenommene Kilos: -1

Momente, in denen ich dachte, gleich spucke ich: 4

Momente, in denen ich mich SOFORT hinlegen musste: 8

Dinge, die ich nicht gegessen oder getrunken habe: 20

Meter, die ich in einem Tempo geschwommen bin, das nicht als Sport zählt und deshalb erlaubt ist – also knapp über dem Punkt, an dem man einfach untergehen würde: 700

Vollkommen meschuggene Gedankenketten, die trotzdem in dem Moment unausweichlich und zwingend logisch erschienen: 8

Gelegenheiten, bei denen ich gerne erklärt hätte, dass ich schwanger bin, damit mich nicht alle für eine zimperliche Ziege halten: 4

Striche auf der Tafel: 0 (L. hat sie weggewischt, um Platz für seine Zahnarzttermine zu schaffen, und ich würde ja schimpfen, aber erstens wusste er nicht, was die Striche zu bedeuten haben, und zweitens muss ich ganz still sein, was diese Zahnarzttermine betrifft, denn die hat er nur mir zu verdanken. Ich habe nämlich Oliven mit Kern in den Salat getan und ihn nicht gewarnt, und er hat sich einen Zahn abgebrochen. Die Sorte Frau bin ich. Und nun bin ich schwanger, wie soll ein Kind es nur mit so einer verantwortungslosen Mutter heil bis ins Einschulungsalter schaffen, bestimmt geht das schief, vielleicht sollte ich mich JETZT SCHON selbst beim Jugendamt anzeigen, um schlimmeres zu verhindern... das ist übrigens so eine zwingend logische Gedankenkette wie oben erwähnt.)

Freitag, 7. August 2009

Tägliche Statistik

Jedenfalls will ich versuchen, das ab sofort täglich zu machen, damit ich hier nicht zu sehr ins Schwafeln gerate, sondern mich auf mein Thema konzentrieren kann.

Zugenommene Kilos: Immer noch null

Gefühlt zugenommene Kilos: Heute mal zehn

Schwangerschaftssymptome: Schmerzen in den Mutterbändern (wer das nicht kennt, hat nichts verpasst), wieder mal schreckliche, beschämende Pups-Plage, wenn auch zum Glück nicht zu vergleichen mit der Nummer neulich

Gefühlsschwankungen: Gestern fast Tränchen, als L. ein paar Scherze über meine Jobflaute macht (die eigentlich wirklich lustig waren, sonst hätte ich auch bestimmt gelacht, mach ich dann nächstes Mal)

Unerfüllbare Sehnsucht nach: Mayo, Salami, Tiroler Speck, verdammtnochmal endlich Sport

Mustergültiges Schwangerschafts-Verhalten (MSV): Zehn Minuten Zupfmassage am Bauch, auch wenn ich vor Langeweile beinahe meinen Kopf ans Waschbecken geknallt hätte, außerdem Beckenbodenübungen im Sitzen vorm Fernseher; das Haus nur in flachen Schuhen verlassen, fünf Teile Obst in einer Reihe vor mir aufgebaut, nacheinander gegessen und mich dabei gefühlt wie die kleine Raupe Nimmersatt

Striche auf der Tafel: 60

Striche, die noch ausstehen: 220

Tage bis zum nächsten Ultraschall: 10

Donnerstag, 6. August 2009

Genug gequasselt, hiermit zum offiziellen Teil des Schwangerschaftsblogs

Und dann ist die Übelkeit auch schon wieder weg.
Angesichts dessen, dass sich meine Schwangerschaftszeichen bisher wirklich rar machen, bin ich ganz froh, dass ich immer noch einmal pro Woche zum Bluttest in die IVF-Klinik muss. Bis nächste Woche, dann ist die letzte Runde. Mein Blut sagt immer noch deutlich, ich bin schwanger, auch wenn der Rest von mir da lieber ein bisschen unklar bleibt.
Ich muss schon sehr genau hinfühlen, um zu merken, dass da was anders ist. Jedenfalls 23 Stunden des Tages lang. Bis auf diese Momente, in denen ich es ganz genau merke.
Zum Beispiel passiert es mir, dass ich von jetzt auf gleich so fertig bin, dass ich mich SOFORT hinlegen muss.
Und zwar auf eine Art fertig, die nichts mit Erschöpfung oder Müdigkeit zu tun hat. So viel Holz kann man gar nicht hacken, um so müde zu sein. Ich bin dann nicht nur müde, sondern völlig ausgelaugt und habe das ungute Gefühl, dass etwas kaputt geht, wenn ich jetzt nicht sofort liege. Also liege ich.

Dann wache ich manchmal nachts auf, und irgend etwas ist da. Es sind keine Schmerzen, es ist auch kein Krampf und keine Übelkeit, da ist nur irgendwas. Dann liege ich da und denke, na toll, jetzt kann ich die ganze Nacht kein Auge zu tun, und dann bin ich plötzlich weg und erst um acht wieder da.

Und dann habe ich das Gefühl, ich hätte acht Kilo zugenommen, wenn ich in Wahrheit laut Waage genau null Kilo zugenommen habe. Ich mach mir Sorgen um mein Hochzeitskleid. Vielleicht zieh ich zur Hochzeit einfach irgendwas an, einen Jogginganzug oder so, und jemand trägt das Kleid einfach vor mir her, so dass es auf Fotos so aussieht, als hätte ich es an? Nein?

Mittwoch, 5. August 2009

hallo blog stop

würmchenwerte weiterhin ok stop
heute ganzen tag auf dem land stop
letzte internetfreie zone der westlichen welt stop
albtraum für netzjunkie wie mich stop
völlig erschöpft vom entzug stop
morgen mehr

Dienstag, 4. August 2009

Ein Club, in den sie Leute wie mich aufnehmen wollen

Frauen, die stundenlang bei petit bateau bummeln gehen, wenn in wenigen Metern Entfernung auch princesse tamtam, Mac, die größte Buchhandlung der Stadt und der Apple-Store sind.
Frauen, die nicht so aussehen, als würden sie daran denken, jemals wieder zu arbeiten und sich dabei eventuell mit jemandem anzulegen, der keine Angst hat, dass sie ihm Fernsehverbot erteilen.
Frauen, deren Kind gerade auf seinem Laufrad mit 20 Sachen in eine zu Tode erschrockene ältere Dame reingerast ist, und die die Dame noch nicht mal fragen, ob sie sich wehgetan hat, geschweige denn sich entschuldigen, sondern nur zu ihrem Kind irgendwas sagen wie „Nana, Leon, schön geradeaus“.
Frauen, deren Gesicht auf einmal nur noch imstande ist, „unbeschreiblich weiblich“ auszusehen.
Frauen, die aus zwei Kinderwagen ruckzuck eine undurchdringliche Straßensperre errichten.
Frauen, die nach einer Stunde Zugfahrt plötzlich eine Fritte aus ihrer Handtasche holen und essen.
Frauen, die sich zusammen darüber aufregen, dass es ja wohl nicht angehen kann, dass man im Hello Kitty-Shop keine T-Shirts in Größe 46 kaufen kann.
Frauen, die das Geschrei eines Babys als Klingelton haben.
Frauen, die eine Verkäuferin in der Spielzeugabteilung von Karstadt fragen, ob sie finden, zu einem Fische-Kind passt besser das Piratenschiff oder die Ritterburg.

Alles Mütter, die ich in den letzten Monaten gesehen habe. Und bei jeder von ihnen habe ich mich gefragt: werde ich jetzt auch so? Bin ich schon nicht mehr Herr im Haus, sondern die Hormone sind längst am Ruder, und ich kann gar nichts mehr dagegen tun, so eine zu werden?

Nein, oder? Ich glaube inzwischen, mich damit beruhigen zu können, dass Mütter eigentlich kein Club sind. Die haben nichts gemeinsam, außer dass sie alle ein Kind haben. Ansonsten sind Frauen mit Kindern vermutlich perfekt normalverteilt in jeder Beziehung. So dass es unter Müttern neben den klugen, lustigen, reizenden und guten Frauen auch Nervensägen, Zicken, Langweilerinnen, Proletten und unerträgliche Dumpfbratzen gibt. (WAS? Im Ernst? Und als nächstes erzählst du uns, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, und dass man den Tag nicht vor dem Abend loben soll?)
Jetzt, wo das geklärt wäre: bitte Daumen drücken, dass auch diese Blutuntersuchung heute wieder in Ordnung war.
Die vorletzte in der Klinik.

Dann habe ich noch zu berichten, dass ich sehr glücklich bin, die Woche Bettruhe hinter mir zu haben. Und dass ich es inzwischen meiner Lieblingstante erzählt habe, der meine diskrete Mutter es wohlweislich NOCH NICHT erzählt hatte, was vermutlich zu einem kleinen Familienkrach führen wird, der mir aber vollkommen wumpe sein wird. Wenn es zum Clash kommt, mache ich einfach dieses unbeschreiblich weibliche Gesicht, das wir Schwangeren draufhaben.

Montag, 3. August 2009

Nachricht an das Würmchen

Als Dein Opa so ungefähr 15 war, war er mal zu einem Geburtstag eingeladen. Jeder sollte was zu Trinken mitbringen. Und pleite, aber pfiffig, wie er war, hat er einfach eine leere Flasche genommen und aus jeder Flasche in der Hausbar deines Urgroßvaters einen Schluck abgezweigt, damit es nicht so auffällt. In den 50ern standen in Hausbars unter anderem: Schinkenhäger, Korn, Jägermeister, Eckes Edelkirsch, Rumverschnitt, Küstennebel, Kümmerling, Danziger Goldwasser und dann vielleicht noch irgendein Obstler. Mit diesem gut geschüttelten Todescocktail ist er auf den Geburtstag gegangen und hat die Flasche den ganzen Abend nicht aus der Hand gegeben, bis sie leer war.
Das klingt nach einer Geschichte, mit der man sich für den Darwin Award* qualifiziert.

Aber durch irgend eine schwarze Magie hat er es nicht nur blendend überstanden, sondern der Kater, den er am nächsten Tag verdient hätte, ist auch noch statt in seinen Kopf direkt in sein Erbgut gefahren, hat dort gelauert und sich still auf seinen Einsatz gefreut, und heute, fast 50 Jahre später, hat er seine unschuldige Tochter, seit Wochen nüchtern wie ein Apfel, fest in seinen Klauen und lässt nicht los.
Nur falls du dich wunderst, dass Mutti heute nicht dazu aufgelegt ist, dir was vorzulesen oder sanft über ihren Bauch zu streichen.

Uäch.


* der Darwin Award ist ein Preis, der Leuten verliehen wird, die auf besonders dumme und unnötige Art zu Tode kommen. Leute, die auf Tankstellen Feuerwerke starten. Leute, die den Kopf in den Einfüllschacht stecken, um zu gucken, wieso der Häcksler nicht funktioniert. Leute, die denken, man kann so etwas trinken und davonkommen.