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Die Gesänge des Maldoror
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Anna Carina's review
bookshelves: 001-19-jahrhundert, 070-europa-mittel-sued-west, 071-frankreich
Aug 23, 2023
bookshelves: 001-19-jahrhundert, 070-europa-mittel-sued-west, 071-frankreich
Maldoror,
als dunkler Katalysator, Versuchsanordner, Spiegel der Abgründe der menschlichen Seele, Spiegel der Scheinheiligkeit, das Chaos, um das komplexe Verhältnis zwischen Individuum, Gesellschaft und Moral zu beleuchten.
Maldoror ist oft nur Beobachter einer Situation, er phantasiert viele Situationen, ist gelegentlich Auslöser, aber meist nie direkter Täter.
Der Text ist von einer traumatischen, disruptiven Natur geprägt. Die surrealistischen Elemente wirken als Verstärker. Er ist nicht in die symbolische Ordnung integrierbar. Er ist das Unaussprechliche, das normalerweise verleugnet und ignoriert wird.
Maldoror ist das Reale nach Lacan.
Maldoror verhandelt die Natur des Menschen nach Rousseau vs. Hobbes.
Gott wird verhöhnt, auf einem Thron sitzend, aus menschlichen Exkrementen und in der Hand der Rumpf eines verwesten Menschen.
„Ich habe Euch geschaffen, ich habe das Recht mit Euch zu machen was ich will.“
„Da Himmel und Erde von Gott geschaffen wurden, sei versichert, dass Du dort den gleichen Üblen begegnen wirst wie hier.“
„ Wie lange wirst Du den wurmstichen Kult dieses Gottes bewahren, der für Deine Gebete und großzügigen Gaben, die Du als Sühnopfer darbringst unempfindlich ist? Je gleichgültiger er sich zeigt, umso mehr bewunderst Du ihn.“
Für Maldoror ist die Logik ein Tröster. Die Waffe gegen den Schöpfer.
Hier entfaltet sich die volle Wucht der Aufklärung – Entmystifizerung und Schaffung von Ersatzgottheiten.
Maldoror verhandelt den Gerechtigkeitsbegriff aus Platos Politeia.
Er bespielt die Absurdität des Lebens. Existentialismus. Nihilismus.
„Meine Vernunftschlüsse stoßen zuweilen an die Schellen des Wahnsinns und an den ernsthaften Anschein dessen, was im Grunde nur komisch ist. Obwohl es nach Meinung gewisser Philosophen ziemlich schwierig ist den Narren vom Melancholiker zu unterscheiden, da das Leben ein komisches Drama oder eine dramatische Komödie ist“
Maldoror ist das Gegengift jeglicher Idealisierung, des Schönen, Guten, Platos Idee des Eros, das die dunkle Seite nicht kennt. Er pulverisiert Platos Begriff der Liebe, selbst über sich hinauszustreben. Die Liebe muss ebenso immer im Physischen verankert sein. Thanatos und Eros bedingen einander. Das Ideal ist nicht möglich. Den Beweis erbringt Hölderlin in Hyperion oder Der Eremit in Griechenland, der Diotima daran zerbrechen lässt.
Maldoror ist die zerstörerische, ebenso reale Seite des Eros, die über die traditionelle Dichometrie von Gut und Böse hinausgeht, die ganz großartig in der letzten Geschichte über Mervyn bearbeitet wird. Das Begehren des Anderen. Mervyns Reinheit, Schönheit, Unschuldigkeit. Für Maldoror das Verbotene, das ihn zerstören könnte.
Nu ja, wäre da nicht der autoritäre Vatertyrann, der jegliche Neugier und Entwicklung des Söhnchens im Keim zu ersticken und im „Gut gemeint“, den Tod des Sohnes zu verantworten weiß – hahaha.
Was lernen wir jetzt daraus?
Maldoror antwortet: Es muss ein Gleichwicht herrschen zwischen Idiotismus und Vernunft.
1 Stern Abzug für mich selbst, damit ich im zweiten Durchgang lerne mich vom Chaos nicht ermüden, mein Hirn nicht abstumpfen zu lassen und am Surrealismus nicht verzage.
als dunkler Katalysator, Versuchsanordner, Spiegel der Abgründe der menschlichen Seele, Spiegel der Scheinheiligkeit, das Chaos, um das komplexe Verhältnis zwischen Individuum, Gesellschaft und Moral zu beleuchten.
Maldoror ist oft nur Beobachter einer Situation, er phantasiert viele Situationen, ist gelegentlich Auslöser, aber meist nie direkter Täter.
Der Text ist von einer traumatischen, disruptiven Natur geprägt. Die surrealistischen Elemente wirken als Verstärker. Er ist nicht in die symbolische Ordnung integrierbar. Er ist das Unaussprechliche, das normalerweise verleugnet und ignoriert wird.
Maldoror ist das Reale nach Lacan.
Maldoror verhandelt die Natur des Menschen nach Rousseau vs. Hobbes.
Gott wird verhöhnt, auf einem Thron sitzend, aus menschlichen Exkrementen und in der Hand der Rumpf eines verwesten Menschen.
„Ich habe Euch geschaffen, ich habe das Recht mit Euch zu machen was ich will.“
„Da Himmel und Erde von Gott geschaffen wurden, sei versichert, dass Du dort den gleichen Üblen begegnen wirst wie hier.“
„ Wie lange wirst Du den wurmstichen Kult dieses Gottes bewahren, der für Deine Gebete und großzügigen Gaben, die Du als Sühnopfer darbringst unempfindlich ist? Je gleichgültiger er sich zeigt, umso mehr bewunderst Du ihn.“
Für Maldoror ist die Logik ein Tröster. Die Waffe gegen den Schöpfer.
Hier entfaltet sich die volle Wucht der Aufklärung – Entmystifizerung und Schaffung von Ersatzgottheiten.
Maldoror verhandelt den Gerechtigkeitsbegriff aus Platos Politeia.
Er bespielt die Absurdität des Lebens. Existentialismus. Nihilismus.
„Meine Vernunftschlüsse stoßen zuweilen an die Schellen des Wahnsinns und an den ernsthaften Anschein dessen, was im Grunde nur komisch ist. Obwohl es nach Meinung gewisser Philosophen ziemlich schwierig ist den Narren vom Melancholiker zu unterscheiden, da das Leben ein komisches Drama oder eine dramatische Komödie ist“
Maldoror ist das Gegengift jeglicher Idealisierung, des Schönen, Guten, Platos Idee des Eros, das die dunkle Seite nicht kennt. Er pulverisiert Platos Begriff der Liebe, selbst über sich hinauszustreben. Die Liebe muss ebenso immer im Physischen verankert sein. Thanatos und Eros bedingen einander. Das Ideal ist nicht möglich. Den Beweis erbringt Hölderlin in Hyperion oder Der Eremit in Griechenland, der Diotima daran zerbrechen lässt.
Maldoror ist die zerstörerische, ebenso reale Seite des Eros, die über die traditionelle Dichometrie von Gut und Böse hinausgeht, die ganz großartig in der letzten Geschichte über Mervyn bearbeitet wird. Das Begehren des Anderen. Mervyns Reinheit, Schönheit, Unschuldigkeit. Für Maldoror das Verbotene, das ihn zerstören könnte.
Nu ja, wäre da nicht der autoritäre Vatertyrann, der jegliche Neugier und Entwicklung des Söhnchens im Keim zu ersticken und im „Gut gemeint“, den Tod des Sohnes zu verantworten weiß – hahaha.
Was lernen wir jetzt daraus?
Maldoror antwortet: Es muss ein Gleichwicht herrschen zwischen Idiotismus und Vernunft.
1 Stern Abzug für mich selbst, damit ich im zweiten Durchgang lerne mich vom Chaos nicht ermüden, mein Hirn nicht abstumpfen zu lassen und am Surrealismus nicht verzage.
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Die Gesänge des Maldoror.
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Reading Progress
August 7, 2023
– Shelved
August 21, 2023
–
Started Reading
August 21, 2023
–
0.0%
"„Wilden Weg durch trostlose Sümpfe, dieser finsteren und gifterfüllten Seiten…. Werden die tödlichen Emanationen dieses Buches seine Seele durchtränken….eindringst in solch unerforschtes Ödland…“
Ich habe gerufen, Maldoror antwortet 😍"
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0
Ich habe gerufen, Maldoror antwortet 😍"
August 21, 2023
–
17.28%
"Erster Gesang beendet.
Liest sich wie Herzrhythmusstörungen.
Ich hab keine Ahnung von Poesie, aber mir scheint der Herr Lautréamont hat absichtlich kleine rhythmische und schief klingende Stolpersteine in diese Prosa ( ist das Prosa?) eingebaut.
Es werden konventionelle, moralische Werte in Frage gestellt und scharfe Gesellschaftskritik geübt.
Liest sich überraschend leichtfüßig."
page
47
Liest sich wie Herzrhythmusstörungen.
Ich hab keine Ahnung von Poesie, aber mir scheint der Herr Lautréamont hat absichtlich kleine rhythmische und schief klingende Stolpersteine in diese Prosa ( ist das Prosa?) eingebaut.
Es werden konventionelle, moralische Werte in Frage gestellt und scharfe Gesellschaftskritik geübt.
Liest sich überraschend leichtfüßig."
August 22, 2023
–
52.94%
"Da hab ich mich verschätzt.Dachte ich könnte das Buch durchsuchten.So langsam bin ich abgesättigt.Ist allerdings witzig, in solch einem Stil ein paar Passagen über Platos Politeia, die Diskussion um Gerechtigkeit oder Hobbes vs. Rousseaus Sicht zur Natur des Menschen od. die Folgen der Aufklärung: Logik&Entmystifizierung aufgetischt zu bekommen.Gibt aber auch genug Gesangspassagen, die er sich hätte klemmen können."
page
144
August 23, 2023
–
55.51%
"Maldoror und Hyperion parallel lesen! M. thematisiert wie H. die platonische Philosophie des Schönen, des Eros. H sucht nach dem Ideal und liegt im Zwist mit sich und den Emotionen. M. ist das/der Eros in Form des Chaos und ist die Lösung für H.'s Problem: Anerkennung der Widersprüche, Komplexität, keine Idealisierung, lass die Bandbreite zu! geh über die traditionelle Dichometrie von Gut/Böse hinaus!"
page
151
August 23, 2023
–
Finished Reading
Comments Showing 1-5 of 5 (5 new)
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message 1:
by
Alexander
(new)
-
added it
Aug 24, 2023 06:46AM
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Ich hab in letzter Zeit nen Händchen dafür Bücher parallel oder hintereinander zu lesen, die sich grandios ergänzen. Bin hell auf begeistert :-D
Hihi. Du hast gelesen wofür der Abzug ist ?! 😏
Ich freu mich das Buch bald wiederzulesen. Hab bereits viel zu viel vergessen.
Hihi. Du hast gelesen wofür der Abzug ist ?! 😏
Ich freu mich das Buch bald wiederzulesen. Hab bereits viel zu viel vergessen."
Ja, dennoch, hab's heute noch mal gesehen. Aber stimmt schon. Es ist ein polymorph-pervers-poetisches Buch.