Caramelo

Pedro (Rafael Vitti) liebt das Essen, er hat als Koch Karriere gemacht. Dafür braucht es neben viel Feinsinn auch die nötige Disziplin. Umso schwieriger wird es für ihn, als Caramelo in sein Leben tritt. Denn als er den herumstreunenden und vom Regen durchnässten Hund entdeckt, beschließt er, diesen bei sich aufzunehmen. Dabei ist das Tier kaum als Haustier geeignet, er sorgt überall für Chaos. Pedro stört das aber nicht, er bleibt seinem neuen Freund treu ergeben und lässt sich von den Schwierigkeiten nicht abbringen. Diese Loyalität wird sich später bezahlt machen, als ihn ein Schicksalsschlag sein Leben völlig aus der Bahn zu werfen droht …

Auf den Hund gekommen

Auch wenn das Programm von Netflix in den letzten Wochen von Komödien und Thrillern dominiert wurde, das eine oder andere Drama hat der Streamingdienst schon neu angeboten. Da war beispielsweise Ruth & Boaz über zwei Frauen, die einen gemeinsamen schweren Verlust überwinden müssen. Steve nimmt uns mit in eine Schule für verhaltensauffällige Jugendliche. House of Guinness wiederum erzählt von der legendären irischen Brauerei und wie nach dem Tod des Patriarchen um die Macht gekämpft wird. Denn wo viel Geld zu holen ist, da sind auch viele Konflikte, zumal bei der Serie eine ganze Reihe von Figuren mitmischen. Ganz so groß ist die Geschichte in Caramelo nicht aufgezogen, ein neuer Film aus Brasilien. Hier geht es um einen Mann, der eine persönliche Krise durchmacht und dabei von mehreren Leuten Unterstützung erhält, vor allem aber von einem Hund.

Regisseur und Drehbuchautor Diego Freitas (Die Vorteile des Betrogenwerdens, Jenseits des Universums) kann sich dabei nicht ganz entscheiden, welche Geschichte er eigentlich erzählen will. So geht es zunächst um die neue Freundschaft des Protagonisten, wenn der Vierbeiner in sein Leben tritt und alles auf den Kopf stellt. Dabei geht Caramelo klar davon aus, dass das Publikum dem Charme des Titelhelden verfallen wird, selbst dann, wenn dieser eine komplette Wohnung verwüstet. Wenn an manchen Stellen zu lesen ist, dass es sich hier um eine Tragikomödie handelt, dann sind es wohl solche Szenen, die den Humor ausmachen sollen. Wirklich erfolgreich ist der Film damit aber nicht, zumindest ist da nichts dabei, das einen dringend zum Lachen bringen müsste. Spaß macht das alles nicht.

Manipulativ und oberflächlich

Der Dramapart ist schon effektiver. Allerdings ist er gnadenlos manipulativ. Wenn sich irgendwann herausstellt, dass Pedro – Vorsicht Spoiler – einen Hirntumor hat, wird mal wieder eine bleischwere Keule ausgepackt. Dazu gibt es aufdringliche Musik sowie weitere Leidensgenossen, die auf zynische Weise missbraucht werden, um den Protagonisten voranzubringen. Für einen Film, der das Menschliche betont, ist das mindestens fragwürdig. Irritierend ist zudem, dass Caramelo da über längere Zeit den Hund, also die eigentliche Titelfigur, völlig aus den Augen verliert, nur um sie dann auf eine billige Weise wieder zurückzuholen. Freitas kennt da wirklich keine Scham. Einfallsreichtum sowieso nicht, wenn er sich damit begnügt, lauter Klischees abzuarbeiten.

Das heißt nicht, dass deswegen alles schlecht ist. Natürlich sind die gemeinsamen Szenen des Kochs und des Hundes ganz süß, wenn sie etwa am Strand herumtollen oder in der Not füreinander da sind. Außerdem ist die Aussage des Films, dass man das Beste aus dem Leben machen soll, so kurz und schwierig es auch sein mag, natürlich nicht verkehrt. So etwas geht schließlich immer. Wem das bereits reicht und sich nicht daran stört, wenn Geschichten schamlos verkitscht werden, kann durchaus hier reinschauen. Caramelo ist dabei jedoch völlig frei von Persönlichkeit. Tiefgang sollte man ohnehin nicht erwarten, die Auseinandersetzung mit den ernsten Themen bleibt an der Oberfläche. Mehr als Kalendersprüche sind da nicht zu holen.